Bonn-apart
: Rote Felsen, rote Partei

■ Wie sich die PDS in Bonn für Helgoland einsetzt

Bonn (taz) – Wer glaubt, die PDS kümmere sich erstens um die Rettung ihres Parteivermögens, zweitens um die Sache des Sozialismus an sich, drittens um die ostdeutschen Opfer der Abschaffung des Sozialismus und viertens um nichts sonst, der irrt. Die Abgeordneten der PDS in Bonn kümmern sich um vieles mehr, zum Beispiel um Helgoland. Ja, um Helgoland, diesen roten, ständig abbröckelnden Felsen in der Brandung der Nordsee. Dieser Tage richtete die PDS-Abgeordnete Dagmar Enkelmann an die Bundesregierung eine Kleine Anfrage, die echtes Mitgefühl mit dem tapferen kleinen Eiland erkennen ließ. Ob „Förderleistungen zur Sanierung der Landungsbrücken“ zu erwarten seien, wollte Enkelmann wissen. Und inwiefern es mit dem Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes zu vereinbaren sei, daß die Helgoländer für Energie, Wasser und Abwasser etwa doppelt so viel zu bezahlen hätten, wie die privilegierten Festlandbewohner.

Berechtigte Fragen, die in Bonn bisher nur selten zur Sprache kamen. Doch wie kommt eine PDS-Parlamentarierin mit Wahlkreis im brandenburgischen Bernau dazu, sich für die 2.200 Helgoländer einzusetzen? Enkelmann kann das erklären. Sie hatte gehört, die Insel bereite ein besonders interessantes Fremdenverkehrskonzept vor. Weil die Abgeordnete darin ein mögliches Vorbild für das brandenburgische Bad Freienwalde sah, „und weil ich immer auf alles antworte, was ich kriege“, schrieb sie an die Consultingfirma, die das Konzept vorbereitet. Prompt erhielt Enkelmann eine Einladung auf die Insel und erfuhr so im Dezember von Bürgermeister Franz-Josef Baumann (CDU) über die insulären Mißstände. Dabei hat Helgoland nicht nur einen CDU-Bürgermeister, sondern auch – über den Wahlkreis Pinneberg – eine CDU-Abgeordnete in Bonn. Das letzte Mal, daß sich Ingrid Roitzsch auf den Klippen sehen ließ, liege ein Jahr zurück, erinnert sich Baumann. Sie sei wohl „länger krank“ gewesen. Daß nun ausgerechnet eine Abgeordnete der verfemten SED-Nachfolgepartei die Helgoländer Interessen in Bonn vertritt, findet der CDU-Mann nicht so schlimm. Enkelmanns Fazit: „Wo die schon mal eine Bundestagsabgeordnete da hatten, haben sie die Gelegenheit eben wahrgenommen.“ Hans-Martin Tillack