Neuer Anlauf des UNO-Konvois für Srebrenica

■ UN-Kommandeur Morillon hat die belagerte Stadt Srebrenica verlassen, um selbst den Hilfskonvoi in Gang zu bringen/ Serben verstärken Angriffe auf die Stadt

Sarajevo (AFP/AP/dpa) – Der UN-Hilfskonvoi für die ostbosnische Stadt Srebrenica ist am Freitag nachmittag erneut in die von serbischen Truppen belagerte Stadt gestartet. Das berichtete die Belgrader Nachrichtenagentur Tanjug. Ein Bewohner berichtete telefonisch, der seit Tagen im serbischen Mali Zvornik blockierte Konvoi habe die Drina in Richtung des bosnischen Zvornik überquert. Zuvor hatte UN-Kommandeur Philippe Morillon Srebrenica verlassen und war selbst in den Grenzort Mali Zvornik gefahren, wo der Konvoi von jugoslawischen Truppen aufgehalten wurde.

Die bosnischen Serben hatten Morillon noch am Donnerstag versichert, der Konvoi dürfe am Freitag morgen nach Srebrenica fahren. Morillon hatte am Morgen in der Nähe von Bratunac etwa 10 Kilometer nördlich von Srebrenica vergeblich auf den Konvoi gewartet. Auch die Konvois, die für Goražde, Tuzla und Zepa bestimmt waren, kamen keinen Meter weiter. Die Serben hatten den Abzug von Morillon aus Srebrenica zur Vorbedingung für die Genehmigung von Versorgungsfahrten in die Stadt gemacht. Morillon hatte dies abgelehnt, weil erst die Versorgungskolonnen durchgelassen werden müßten.

Die aus Jugoslawien massiv verstärkten Truppen der bosnischen Serben rückten unterdessen weiter auf Srebrenica vor. Morillon berichtete nach Angaben des UNO- Flüchtlingshilfswerks UNHCR, die Angreifer stünden nur noch zwei Kilometer vor der Stadt. Nach heftigem Beschuß der Verteidigungslinien habe am Morgen ein Trommelfeuer aus schweren Waffen eingesetzt. Jede Sekunde sei eine Granate eingeschlagen. Unter heftigem Beschuß lag auch das Gebiet, über dem die US-Luftwaffe in der Nacht weitere 34 Tonnen Versorgungsgüter abgeworfen hatte. Mit dem Beschuß sollte offenbar das Einsammeln der Güter unmöglich gemacht werden.

Berichte über neue Luftangriffe auf Dörfer in dem von Serben eingeschlossenen Bereich konnte die UNO vorerst nicht bestätigen. Das britische Verteidigungsministerium teilte in London mit, bisher seien zwei Luftangriffe bestätigt worden. Die bosnische Regierung berichtete, dabei sei auch Giftgas eingesetzt worden.

Möglicherweise von Mitte kommender Woche an sollen sich auch C-160-„Transall“ der Bundesluftwaffe an den nächtlichen Hilfsflügen beteiligen. Dagegen haben die bosnischen Serben in Protestnoten an das UNO-Kommando in Bosnien und das US-Oberkommando in Europa schärfstens protestiert. Ein deutscher Einsatz widerspreche einem am 23. Februar mit General Morillon getroffenen Abkommen. „Außerdem kann die Anwesenheit der deutschen Luftwaffe in diesem Gebiet nur Mißtrauen und Erbitterung unter der Bevölkerung verursachen, wofür es tiefe historische Gründe gibt“, zitierte die Belgrader Zeitung Vecernje novosti aus der Protestnote.