Grüne: alle gegen Flächenfraß

■ Antrag einstimmig verabschiedet / Partei und Fraktion stärkten Fücks den Rücken

Viel Lust zum politischen Streit hatten die Grünen am Samstag auf ihrer Landesmitgliederversammlung jedenfalls nicht. Gut 60 Grüne waren ins Mahndorfer Bürgerhaus gekommen, bewußt war der Tagungsort in der Nähe der Hemelinger Marsch ausgesucht worden. Das heiße Eisen Bosnien- Intervention fiel zum zweiten Mal unter den Tisch.

Demonstrativ große Einigkeit zur Gewerbeflächen-Politik: mit einem gemeinsamen Antrag waren Fraktion und Landesvorstand angetreten. Umweltsenator Ralf Fücks begründete mit Tabellen und Schaubildern ausführlich, warum bei diesem „zentralen Wahlkampfthema“ die Koalitions-Vereinbarungen dringend einzuhalten seien: „Wir müssen haushälterisch mit dem knappen Gut Fläche umgehen und Sparsamkeit belohnen, statt Flächenfraß zu subventionieren!“ Wenn seit 1984 jährlich nur 30 Hektar gebraucht worden seien, so Fücks, einschließlich der Daimler-Erweiterung, käme man mit den geplanten 29 ha künftig gut zurecht, davon sollten 50% durch Brachen- Recycling in Industrie- oder Hafenflächen aktiviert werden. Fücks wollte sich „auf keinen Fall“ festlegen lassen auf den jüngsten Vorschlag des Kontrahenden Jäger (FDP), „Gebiete planerisch schon auszuweisen und erst bei Bedarf zu erschließen“.

Daß nicht schon bei der Neuenlander Straße, beim Wohnschiff und auch zur Hemelinger Marsch ein Veto im Senat eingelegt worden war, stieß bei vielen Grünen der Parteibasis auf Unverständnis. Die Abgeordnete Hackstein sah in der FDP-Haltung zu Gewerbeflächen eine „Kriegserklärung an die Koalitiona-Vereinbarungen“. Karin Mathes, seit Samstag neu im Landesvorstand, wollte in solchen Kernfragen ein grünes Veto hören und überhaupt „Veto nicht gleich mit Koalitionsbruch gleichsetzen“. Umweltschützer Gerold Janssen, neuerdings auch Umwelt-Deputierter für die Grünen, war sauer, daß vom Gebiet Uni- Ost nicht mal die Rede war.

Fücks fand, die Grünen hätten allen Grund, „mit dem Thema Gewerbeflächen selbstbewußt umzugehen“, schließlich sei die sinnvolle Nutzung bzw. das Recycling der Gebiete Lürssen-Werft, Klöckner-Areal, Flughafen, Güter- Bahnhof, Neustädter Bahnhof und vor allem der alten Hafenreviere „Unser! Erfolg!“

Man könne aber nicht gleichzeitig in dem einen Bereich Wirtschaft zwei Konflikte, nämlich Neuenlander Straße und Marsch, auf die Spitze treiben. Vor das Veto sei zunächst auf den politischen Streit zu setzen: „Wir müssen unser Pulver trocken halten.“

Mit einer einzigen Gegenstimme sprachen sich alle Grünen für den Antrag aus: für sparsameren Umgang mit Gewerbeflächen, Schutz von landschaftlich wertvollen Gebieten, Flächenpreeiserhöhung und Schutz der Hemelinger Marsch. Fücks bezeichnete den Beschluß der Parteibasis zur Gewerbeflächenerschließung als „dringend notwendige Rückenstärkung für anstehende Verhandlungen“. Das Thema am Dienstag im Senat verhandelt. S.P.