Bahn-Millionen: Berlin kann sie nicht brauchen

■ Geldspritze aus Bonn droht Berlin verlorenzugehen/ CDU richtet Vorwürfe an Bausenator, Grüne an Verkehrssenator

Berlin. Auf Grund einer Einigung zwischen Bundes- und Länderverkehrsministern sollen die neuen Länder einschließlich Berlin für dieses Jahr nachträglich rund eine Milliarde Mark mehr für Verkehrsprojekte aus dem Bundeshaushalt erhalten – doch Berlin kann das Geld nicht gebrauchen. Wie die taz aus zuverlässiger Quelle erfuhr, könne Berlin die Millionen nicht verbauen und müßte sie am Jahresende zurückgeben. 200 Millionen Mark gingen deshalb in diesem Jahr verloren. Hintergrund: Verkehrs- und Bauverwaltung sollen es versäumt haben, entsprechende Vorbereitungen getroffen zu haben. „Die haben doch schon jetzt Schwierigkeiten, die planmäßigen 600 Millionen Mark auszugeben“, so der Insider gestern zur taz.

Daß es tatsächlich Probleme mit den Planungen gibt, bestätigten gestern sowohl die CDU als auch auch die Grünen. Der verkehrspolitische Sprecher der CDU, Rainer Giesel, wirft Bausenator Wolfgang Nagel (SPD) Versäumnisse vor. „Ein guter Senator müßte Bauplanungen aus der Schublade ziehen können“, so Giesel. Doch Nagel habe der Verkehrsverwaltung bisher beispielsweise nicht einmal mitgeteilt, welche Straßenbahn- Verlängerungen nur mit zeitaufwendigen „Planfeststellungsverfahren“ verwirklicht werden dürfen und welche nicht. Ein Gespräch mit dem Bausenator stehe deshalb ohnehin aus, sagte Giesel. Mit Verkehrssenator Herwig Haase (CDU) müsse aber ebenfalls ein Wörtchen geredet werden.

„Jetzt rächt sich, daß die Verkehrsverwaltung sich hauptsächlich mit Busspuren, Tempo 30 und Olympia beschäftigt“, warf Michael Cramer, verkehrspolitischer Sprecher der Grünen, Senator Haase vor. Cramer erinnerte daran, daß 1991 schon einmal 25 Millionen Mark an den Bund zurückgegeben werden mußten, weil die Planungen für die S-Bahn nach Lichterfelde-Süd nicht rechtzeitig ausgearbeitet worden waren. In diesem Jahr hätten alleine bei der Straßenbahn zahlreiche Planfeststellungsverfahren längst fertig sein oder werden können. Cramer nannte Projekte wie die Linie 22 ins Märkische Viertel, Verlängerungen in die Bornholmer Straße und zum Lehrter Stadtbahnhof sowie durch die Leipziger Straße und die Friedrichstraße. Das gleiche gelte für den U- und S-Bahn-Bau. Doch alle Anstrengungen würden auf die Tiergartentunnel unter dem Regierungsviertel, die Transrapid-Strecke in die Innenstadt und den Olympia-Expreß konzentriert.

Giesel widersprach der Vermutung, daß Bau- und Verkehrsverwaltung auf Grund von Personalmangel nicht planen konnten. Es gebe genug Ingenieurbüros, die die Arbeiten erledigt hätten. Nach Informationen der taz sollen Bau- und Verkehrsverwaltung Auftragnehmer aber bereits im „französisch- und englischsprachigen Raum“ suchen, weil deutschsprachige Büros vor allem durch Aufträge aus Berlin und den neuen Bundesländern ausgelastet seien. Dirk Wildt