Wiederbelebung vor Erneuerung

■ Konrad Kunick mit knapper Mehrheit zum Bremer SPD-Vorsitzenden gewählt

Neuer Vorsitzender des SPD- Landesverbandes Bremen ist der ehemalige Bau- und Hafensenator Konrad Kunick (52). Zwei Delegiertenstimmen gaben am Samstag beim Landesparteitag in Bremerhaven den Ausschlag. Auf Kunick entfielen 95 Stimmen, 93 Delegierte stimmten für die Gegenkandidatin, die 43jährige Angelika Pensky. Vier Delegierte enthielten sich. Kunick kündigte an, daß er der Sozialdemokratie in der Bremer Ampelregierung zu mehr Profil verhelfen wolle. Die SPD hatte bei den letzten Wahlen zur Bremischen Bürgerschaft im September 1991 über 12 Prozent Wählerstimmen und damit ihre absolute Mehrheit verloren. Ihr Stimmenanteil sank von 50,5 auf 38,3 Prozent. Bundesweit hatten die Bremer Genossinnen und Genossen damit den Rutsch der Gesamtpartei in der Wählergunst eingeleitet. Kunick selbst hatte nach dieser verhehrenden Wahlniederlage den Rücktritt von Bürgermeister Klaus Wedemeier und die Bildung einer großen Koalition gefordert.

Die alten Querelen zwischen dem Bürgermeister und dem neuen Landesvorsitzenden scheinen vergessen. Als im Dezember Horst Isola als SPD-Chef zurücktrat, war die Personalnot groß. Kunick gilt heute als Kandidat Wedemeiers. Der Bürgermeister bestätigte auch gleich nach der Wahl: Kunick sei ein Garant dafür, daß die schwere Aufgabe, die Sanierung Bremens umzusetzen, von der Parteispitze konstruktiv begleitet werde. Außerdem sei Kunick der richtige Mann, um die Bremer SPD aus dem Stimmungstief herausführen.

Kunick ist traditioneller Sozialdemokrat mit Arbeiter-Ethos und einem Ohr für die Sorgen der „kleinen Leute“. Die SPD sei „immer noch geschart um den Kern der Arbeitnehmer“, erklärte er am Samstag und kündigte als Parteischwerpunkt den Kampf um Arbeitsplätze an. Er sei für eine „Wiederbelebung der SPD“. Das Land hat rund 36.000 Arbeitslose (10,2 %) und ist mit der Krise der Klöckner-Hütte, auf der 6.000 Menschen arbeiten, jüngst nur knapp an einer arbeitsmarktpolitischen Katastrophe vorbeigeschlittert.

Kunick ist in der Bremer SPD- Landschaft ein alter Haudegen. Er war nicht nur Bau- und Hafensenator, sondern von 1978 bis 1986 Landesvorsitzender seiner Partei. Viele Genossinnen und Genossen trauen ihm eine Erneuerung der Partei nach der Niederlage von 1991 nicht zu, weil er enge Kontakte in die Fraktion und die Regierung hat. Aus diesem Parteireservoir schöpfte die Gegenkandidatin Angelika Pensky ihre Stimmen. Sie ist seit einem Jahr Mitglied im Bremer Landesvorstand der SPD und hat sich als Sprecherin der Bremer Stadtteilbeiräte profiliert. Sie trat an gegen „Parteifilz, Versorgungsschacher und Sachzwangpolitik“ und wollte die Partei aus der „Umklammerung von Regierungsmitgliedern und Fraktion“ lösen. Trotz der Niederlage hat sie mit dem Abstimmungsergebnis einen sensationellen Erfolg feiern können.

Kunick will „Schild und starker Arm sein für die Partei“, erklärte er am Samstag in Bremerhaven. Sicher ist, daß er langer Arm sein muß. Der neue Bremer SPD-Vorsitzende will nach der nächsten Bundestagswahl in den Bundestag einziehen. Markus Daschner