Zögerliche Zuschüsse zermürben

Landesarbeitsamt kommt mit dem Auszahlen von Lohnkostenzuschüssen nicht nach/ Antragsteller müssen monatelang auf Pump leben, weil im Landesamt Personalmangel herrscht  ■ Von Christian Füller

Berlin. Auf dem Dienstweg zwischen den Berliner Arbeitsämtern und ihrem übergeordneten Landesarbeitsamt bleiben offenbar massenhaft Anträge monatelang unbearbeitet liegen. Der taz wurde eine Reihe von Fällen bekannt, die laut Arbeitsamt „im Prinzip genehmigt sind“, bei denen die Leistungsempfänger dennoch seit längerer Zeit „auf Pump leben“. „Das sind keine Einzelfälle“, bestätigte auf Anfrage Gerd Voge vom Landesarbeitsamt. Wegen Personalmangels müsse das Amt „Prioritäten setzen“. Arbeitslosen- und Kurzarbeitergeld „müssen laufen“. Andere Anträge verzögerten sich teilweise erheblich.

Besonders krass wirkt sich die zögerliche Bearbeitung bei sogenannten Langzeitarbeitslosen aus, wenn sie in ein bezuschußtes Beschäftigungsverhältnis bei freien Trägern wechseln. Sie erhalten dann oft für Monate weder Arbeitslosengeld noch Lohnkostenzuschüsse, weil deren Genehmigung auf sich warten läßt. „Den ersten Monat habe ich mir privat zusammengestoppelt“, sagt die 51jährige Renate Treublieb über ihre derzeitige Einkommenslage. Die langzeitarbeitslose Lehrerin hat seit Januar beim Weddinger Kommunalen Forum einen Arbeitsvertrag in der Tasche. Die Lohnkostenzuschüsse in Höhe von 100 Prozent aus dem Arbeitsamt aber lassen auf sich warten. Die Anträge sind „komplett fertig“, lautete die Auskunft des Sprechers des zuständigen Arbeitsamtes V, Rainer Schaperdoth. „Die Kollegen warten selber drauf, daß das Geld kommt.“

Der Arbeitsbeamte aus dem Wedding vermutete, daß die Gelder im Arbeitsministerium in Bonn oder bei der Nürnberger Bundesanstalt hängengeblieben sind. In Wahrheit kommen seine Kollegen im Landesarbeitsamt nicht mit der Mittelaufteilung für die bezirklichen Arbeitsämter hinterher. Gerd Voge vom Landesarbeitsamt bestätigt, daß die Gelder der entsprechenden Fördertöpfe vorhanden seien. Das Arbeitsamt habe aber selbst Personalprobleme und könne daher die Anträge oft nicht zügig weiterleiten. Voge sagte zur taz: „Der Trägerverein muß die Mittel auftreiben.“ Es gehe nicht, daß die Verzögerung die sozial Schwächsten belaste. Notfalls müsse der Verein Kredite aufnehmen, um seine Löhne zu bezahlen. Wegen der Zinsen könne er gegenüber der Bundesanstalt Regreßanforderungen geltend machen.

Die Finanzmittel des Kommunalen Forums Wedding als Trägerverein reichen aber nicht aus, um die Lohnanteile des Arbeitsamts vorzustrecken. Der Lohnkostenzuschuß wird sozialen Trägern gewährt, meint Willy Achter vom Kommunalen Forum, „weil sie diese Mittel selber nicht aufbringen können“. Der Verein sei auch bereit, die Vorschüsse zu zahlen. Er müsse aber wissen, daß die Maßnahme auch tatsächlich genehmigt werde. Sonst gefährde das seine Existenz.

Ähnlich wie dem Kommunalen Forum, das derzeit zwei „im Prinzip genehmigte Anträge“ – so das Arbeitsamt – liegen hat, erging es auch der Urban Consult GmbH. Die „Gesellschaft für Urbanistik“ aus Mitte zog inzwischen vier Anträge auf Arbeitsplätze mit 75prozentigem Zuschuß von Arbeitsamt und Land wieder zurück. „Wir mußten den Leuten kündigen, sonst gehen wir Konkurs“, sagt Geschäftsführerin Delia Koch.

Für Renate Treulieb, die beim Kommunalen Forum ein Projekt für arbeitslose Frauen aus dem Wedding betreuen soll, bleibt die Unsicherheit. Seit Januar hört sie vom Arbeitsamt, „das Geld kann heute kommen“. Mit ihrer tatsächlichen Tätigkeit kommt sie indes in eine schizophrene Lage. Einerseits liegt die Arbeit für das Frauen- Projekt da und muß getan werden. Andererseits darf sie von Amts wegen nicht arbeiten. Sonst verliert sie für den Fall, daß der Antrag auf Lohnkostenzuschuß wider Erwarten mißlingt, ihren Anspruch auf nachträglich gewährte staatliche Beihilfen. Ihren Lebensunterhalt bestreitet sie solange „auf Pump“.