■ Krause Gedanken zu Waigels Großzügigkeit
: Skandale und Skandälchen

Vorgestern Möllemann, gestern Nilius/Jansen, heute Krause und Waigel. Die inflationäre Entwicklung politischer Skandale in Deutschland macht es zunehmend schwierig, noch den Überblick zu behalten. Hat nun Möllemanns Putzfrau 300 Millionen Mark aus Jansens Schublade an den Rinderschlachter Nilius verliehen? Oder wurde auf Waigels Briefbögen ein Brief an Raststättenpächter Pfeiffer übergeben, in dem ihm das O.K. gegeben wurde, eine Putzfrau für Verkehrsminister Krause über das Arbeitsamt zu finanzieren? Oder wie oder was? Doch abgesehen vom täglich steigenden Unterhaltungswert der diversen Affairen ergeben sich Fragen grundsätzlicher Art.

Wer unterscheidet noch zwischen Skandälchen und Skandalen? Krauses Putzfrau ist zweifelsfrei medienwirksam wunderbar zu verkaufen. Welchem Bürger stiege nicht die Zornesröte ins Gesicht, wenn der Verkehrsminister sich damit zu verteidigen sucht, er habe nur das Recht eines jeden Bürgers in Anspruch genommen – vor allem wenn er sich selbst keine Reinigungskraft leisten kann? Die arme Putzfrau, die im Hause Krause Staub aufwirbelt, anstatt den Dreck zu entsorgen: da purzeln die Überschriften wie von selbst auf die Titelseiten. Dagegen Waigels verlorene 300 Millionen. Persönlich nachweisen läßt sich dem Mann offenbar nichts. Zudem muß sich der Skandal-Interessierte zunächst umständlich mit dem Subventionsdschungel, mit EG-Übergangsregelungen und Schlachtviehverordnungen beschäftigen.

Doch Krauses Verfehlungen nehmen sich niedlich aus gegen Waigels Unfähigkeit. Beim Verkehrsminister geht es nur um ein paar hundert Mark. Der Finanzminister dagegen, der nicht müde wird, die Ebbe seiner Kassen zu bejammern, verzichtet großzügig auf 300 Millionen. Krause trat privat in den Fettnapf. Seine berufliche Tätigkeit steht in keinem Zusammenhang mit der Teppichreinigung im Privatdomizil. Waigels Ministerium dagegen versagte – ob mit oder ohne sein Wissen, spielt da keine Rolle – bei seiner vornehmsten Aufgabe – dem Eintreiben von Geld in die Staatskasse. Wer sich bei mehr als 200.000 Mark Jahreseinkommen die Putzfrau vom Arbeitsamt bezahlen läßt, ist erstens besonders geizig, zweitens ziemlich dumm und verfügt drittens nicht über sonderlich ausgeprägte Moralvorstellungen. Wer als Kassenwart 300 Millionen in den Wind schreibt, ist unfähig. In jedem Kaninchenzüchterverein müßte so ein Mann den Hut nehmen.

Doch in Bonn regiert kein Kaninchenzüchterverein, sondern die Bundesregierung. Deshalb wird Waigel auch nicht die Platte putzen. Klaus Hillenbrand