■ Cash & Crash
: Pech für Goldfinger

„Gold ist Geld, dem Sie vertrauen können“, heißt es im Volksmund. Um keine Währung rankt sich so viel Geheimnisvolles, Mystisches und Metaphysisches wie um das kostbare gelbe Edelmetall. Seit Jahr und Tag hängen Sparer und Spekulanten, Sicherheitsfanatiker und schwankende Anleger gleichermaßen fasziniert an den Goldklumpen. Und weil die Welt so schlecht und die Zeiten so unsicher sind, sollte man eigentlich glauben, daß dem Medium eine traumhafte Renaissance bevorsteht. Denn immer wenn in der Vergangenheit die Party in Panik umschlug, kletterten die Goldpreise in astronomische Höhen. Doch heute ist alles ganz anders: Der Rohstoff hat längst an Glanz und Anziehungskraft verloren. Kein Mensch interessiert sich mehr für den Preis einer Feinunze, der mit 332 US-Dollar auf das tiefste Niveau seit sechs Jahren gefallen ist. Weder Börsenkrach noch Währungskrise, Chaos in Gusland oder der Krieg in Jugoslawien konnten die Liebe zu dem unzerstörbaren Edelmetall als Notvorrat wieder wecken. Im Gegenteil: Nachdem die feinen Barren und Dukaten ihre Bedeutung als Transaktionsmedium praktisch völlig verloren haben, nimmt nun auch die Reservefunktion kontinuierlich ab. Immer mehr Währungshüter werfen Hunderte von Tonnen auf den Markt. Lagerten 1965 noch 1.100 Millionen Feinunzen in den gutbewachten Tresoren der Notenbanken, sind es heute gerade noch 900 Millionen. Allein die Belgier und Holländer verflüssigten im letzten Jahr rund 600 Tonnen ihres Goldschatzes– das ist so viel, wie das größte Erzeugerland Südafrika jährlich fördert. Einmal wird damit das Staatsdefizit finanziert, das andere Mal die Einnahme zinsbringend in Fremdwährungen angelegt. Wieder andere müssen verkaufen, was sich noch verkaufen läßt: Aus Devisenmangel haben die Russen 1992 rund 150 Tonnen abgestoßen, und auch Ungarn, Jugoslawien oder der Irak trennten sich von einem großen Teil ihrer Bestände. Samt der westlichen Goldförderung von jährlich rund 1.800 Tonnen kam so im letzten Jahr ein Angebot von rund 3.000 Tonnen zusammen. Wem vergeht da nicht die Lust auf Gold? Erwin Single