Bürgerrechtler erinnern an Gefangene in Ex-DDR

■ Statt beim Stolpe-Untersuchungsausschuß versammelten sich Bürgerrechtler am Knast

Potsdam (taz) – Keine Zwangsmittel, keine Ladung, kein weiterer Bedarf. Mit dieser Entscheidung versuchte gestern der Stolpe-Untersuchungsausschuß den Konflikt mit den ehemaligen DDR-Bürgerrechtlern zu entschärfen. Der Ausschuß beließ es dabei, die Kritik der Bürgerrechtler zurückzuweisen und sein Bedauern darüber zu bekunden, „daß die geladenen Zeugen erneut ihren gesetzlichen Pflichten nicht nachgekommen sind“.

Statt vor dem als „Alibiveranstaltung“ apostrophierten Ausschuß versammelten sich etwa fünfzig Bürgerrechtler zu einer Gedenkveranstaltung vor dem ehemaligen Stasi-Untersuchungsgefängnis in der Potsdamer Innenstadt, „um an all diejenigen zu erinnern, die in den Gefängnissen der DDR eingesessen haben“.

Frontal zur Person Stolpe äußerte sich Herbert Kreuzer, Vertreter des Kurt- Schumacher-Kreises: Von seiner „moralischen Warte als langjähriger Häftling der DDR aus“ bezeichnete er Stolpe als „Sprachrohr der SED für die evangelische Kirche“ und fragte, „ob sich die junge Demokratie Typen wie Stolpe wirklich leisten“ könne. Klares Fazit: „Der Stolpe soll in Zukunft die Klappe halten.“ Anschließend wurden weiße Rosen an die Gitterstäbe des Gebäudes geklemmt. Reinhard Schult interpretierte: Die weiße Rose sei bereits im dritten Reich ein Zeichen des Widerstandes gewesen. Jetzt gelte es erneut, Widerstand zu leisten „gegen das Erstarken der alten Strukturen“.

Eine während der Feier angebrachte Gedenktafel am Potsdamer Stasi-Knast erinnert seit gestern an die Mitverantwortung der Stasi-Mitarbeiter für 200.000 politische Häftlinge „und ein interniertes Volk“. Das Volk blieb gestern der Veranstaltung fern. Manfred Stolpe äußerte sein Verständnis für die Enttäuschung der Bürgerrechtler. Frust, so der Ministerpräsident, könne auch blind machen. Eis