: Im Kittchen ist kein Zimmer frei
■ Polizei-Repression füllt Gefängnisse, auch der Frauenknast im Bockland ist überbucht
Seit Monaten ist der Frauenknast im Blockland ständig überbelegt. Für 28 Frauen ist das Gefängnis ausgelegt, zur Zeit sitzen 34 Frauen dort ein. „Eine gewisse Überkapazität können wir verkraften“, sagt Gefängnisdirektor Manfred Wiegand, „doch wenn die Zahl der Insassinnen dauerhaft über 35 liegt, muß sich was tun“.
Drei Frauen teilen sich jetzt eine Zweierzelle, ein Gruppenraum wurde „umgewidmet“, dort sind drei Frauen untergebracht. „Wir haben 13 Ausländerinnen hier, aus acht verschiedenen Nationen“, berichtet Wiegand. Wo soviele verschiedene Nationalitäten und Mentalitäten auf engem Raum eingesperrt sind, können Schwierigkeiten nicht ausbleiben. Der Gefängnisdirektor: „Das Aggressionspotential wächst. Manchmal können wir nur noch Deeskalation betreiben.“ Allein schon die Sprachenprobleme: Einige der Vollzugsbeamtinnen sprechen Englisch, doch wirklich schwierige Fragen sind meist nur mit Dolmetscherinnen zu lösen. Aber die können nicht den ganzen Tag zur Stelle sein. „Im Extremfall können wir auch ein Übersetzungsbüro hinzuziehen“, erzählt der Gefängnisdirektor. Doch im Normalfall werden solche Fragen auf den nächsten Tag verschoben.
Seit einem Jahr ist der Frauenknast, der früher nur ein „Anhängsel“ des Männergefängnisses in Oslebshausen war, beim Jugendgefängnis im Blockland angsiedelt. In den letzten zehn Jahren saßen im Schnitt 15 Frauen gleichzei-
Frauenknast im Blockland Foto: Christoph Holzapfel
tig in Bremen ein. „Jetzt hat die Realität uns eingeholt“, sagt der Gefängnisdirektor. Die Belegungszahlen nennt er „bedrückend“: Faktisch habe sich die Zahl der einsetzenden Frauen verdoppelt — bei gleichbeleibendem Personal: 11 Beamtinnen sind für die Bewachung rund um die Uhr zuständig. Die Betreuung leisten zwei Sozialarbeiterinnen mit halben Stellen.
Eingeholt hat die Realität den Knast kurz nach der Entscheidung des Senats, mit mehr Polizei und härteren Strafen gegen die bremi
sche Drogenszene vorzugehen. Der Gefängnisdirektor sieht hier einen „mittelbaren Zusammenhang: Es gibt mehr Fahndungserfolge“. Viele der Frauen sitzen wegen „BTM-Delikten“, einige von ihnen gingen früher auf den Drogenstrich. Doch auch die Sonderermittlungsgruppen, die in Bremen und Bremerhaven nach SozialhilfebetrügerInnen unter den AsylbewerberInnen fahnden, bescheren den Knästen beständig neue Klientel: Bei schwarzen Schafen mit Mehrfachidentitäten besteht „Verdunkelungsgefahr“.
Bis zum Abschluß ihres Asylverfahrens verhängen daher die meisten Richter Haftstrafen. „Falschbeurkundung und Sozialhilfebetrug“ wird sechs der 12 Frauen, die in Untersuchungshaft sitzen, vorgeworfen. Für den Gefängnisdirektor ist die Grenze erreicht: Wenn die Zahl dauerhaft über 35 liegt, müsse er mit dem Justizsenator über einen Vollstreckungssopp verhandeln: Haftstrafen werden ausgesetzt oder verschoben. Wiegand: „Das Gefängnis muß die Ultima Ratio bleiben.“ Diemut Roether
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