Weit und breit kein Feind in Sicht-betr.: "El Salvador braucht eine neue Armee", taz vom 17.3.93

betr.: „El Salvador braucht eine neue Armee“, taz vom 17.3.93

El Salvador braucht sicher weder eine „neue“ noch sonst eine Armee. So wie für die anderen Länder Mittelamerikas ist auch für El Salvador weit und breit kein „Feind“ in Sicht, der das Land militärisch angreifen könnte. Die Armeen in diesen Ländern wurden zwar immer (und werden auch heute noch) unter dem Vorwand der „Landesverteidigung“ o.ä. mit einem riesigen Aufwand aufrechterhalten und ausgebaut, der wichtigste wirkliche Grund hierfür war jedoch v.a. – und ist auch heute noch – die Kontrolle und Unterdrückung der eigenen Bevölkerung, um so ungerechte und unsoziale politische Systeme am Leben zu erhalten.

Die einzige richtige Konsequenz aus dieser Tatsache ist die Abschaffung des Militärs, wobei die immensen, hierbei freiwerdenden finanziellen und materiellen Ressourcen und Arbeitskräfte dann der Lösung der enormen sozialen, ökonomischen, ökologischen und sonstigen Probleme zugute kommen könnten. Es wäre wohl wichtig, auch in der taz und in der El-Salvador-Soli-Szene diese Forderung nach Abschaffung der Militärs zugunsten von friedlichen Konfliktvorbeugungsmaßnahmen und -lösungsstrategien immer mehr – auch gegen die altbekannten Widerstände – in den Vordergrund zu stellen und zu propagieren, als durch die o.g. mißverständliche Formulierung (ungewollt und unbewußt) den Militarismus festzuschreiben. Die gegenwärtigen Befriedungsprozesse in Mittelamerika – und v.a. in El Salvador – lassen nämlich in der Tat relativ gute Chancen für radikale Möglichkeiten und evtl. auch für die Überwindung des Militarismus erkennen: Zumindest in El Salvador hat die Bevölkerung von Militärs die Nase gestrichen voll, was ich nach über zweieinhalb Jahren Arbeit in diesem Land zuverlässig bezeugen kann. Edgar Münch, Seckach