Anhänger für den Anhang

■ Bis zu sechzig Kilo Fracht lassen sich per Fahrradanhänger transportieren/ Für Kinder gibt es spezielle Modelle mit Federung und Regenplanen/ Nicht jeder Drahtesel eignet sich zum Zugpferd

Was ist das wieder für eine Plackerei, der Großeinkauf mit dem Fahrrad! Hinten hängen zwei Taschen, auf dem Rücken drückt ein Rucksack, vorne baumeln zwei Tüten. Das ganze Rad gerät auf dem Weg nach Hause bedenklich ins Schaukeln. Auf Dauer kann das ja gar nicht gutgehen. Also muß wohl ein Anhänger her.

Doch das ist leichter gesagt als getan — welcher ist bloß der richtige? Die Zeiten, da Schleppwagen für Fahrräder die große Ausnahme waren, sind vorbei. Es sind nicht mehr nur seltsame Gestalten, die ihren von Wimpeln, Fuchsschwänzen, Katzenaugen, Lichtern, exzentrischen Klingeln, Hupen und Ähnlichem entstellten Fahrrädern mit einem schweren Anhänger den Rest geben.

Längst haben Styling und Marketing, im Fahrradmarkt schon seit Jahren für Erfolg oder Mißerfolg verantwortlich, auch das Anhängergeschäft erreicht, so daß der willige Käufer unter einer Vielzahl verschiedener Modelle zu wählen hat. Und die Industrie befriedigt mit immer bunteren und pfiffigeren Ausführungen die gestiegene Nachfrage völlig unterschiedlicher Käuferschichten.

Olaf Geiger, 32 Jahre alt, verkauft auf einem Kreuzberger Hinterhof Anhänger und Lastfahrräder und weiß genau, warum Anhänger immer mehr gefragt sind: „Grob gesagt, kaufen die Leute aus vier verschiedenen Anlässen Anhänger. Manche haben kein Auto und brauchen einen zum Einkaufen. Andere brauchen ihn für längere Radtouren oder wollen ihre Kinder damit transportieren. Und wieder andere brauchen einen für den Beruf.“

Zur letzten Gruppe gehört der Weinladen, der seine Kunden umweltfreundlich beliefern will. Oder der Elektroinstallateur, der in seinem Kiez mit dem Fahrrad vorfährt. Oder, sagt Geiger, „der Zeitungslieferant, der seine Tour damit schneller hinter sich bringen kann“.

Im Angebot Geigers finden sich die verschiedensten Modelle. Das fängt beim simplen Anhänger für 150 Mark an — der aber nicht gerade für schwere Transporte geeignet ist — und geht weiter über den 320 Mark teuren „Donkey“ aus Dänemark bis hin zur extrem flachen „Flunder“, die in der großen Ausführung 700 Mark kostet und bis zu sechzig Kilo laden kann.

Aber nicht erst bei solchen Gewichten verändert sich die Fahrt mit dem Rad völlig: Mal eben schnell den Berg runtersausen, das kommt da nicht mehr in Frage. Selbst bei sehr guten Bremsen schiebt der Anhänger im Schlepptau das Rad im Extremfall auf die Kreuzung oder auf den plötzlich crossenden Fußgänger. Unter Umständen hebt sich das Hinterrad beim Bremsen durch den Schub vom Boden, und ohne sehr gute Vorderbremse ist dann kein Halten mehr.

Auch ein Mountainbike ist trotz seiner wuchtigen Bremsen nicht die ideale Zugmaschine für Anhänger. Zwar ist eine gute, vielgängige Gangschaltung bei dem hohen Eigengewicht des Hängers oder bei schwerer Ladung Voraussetzung, um überhaupt in Fahrt zu kommen – besonders bei Steigungen. Aber die schmale Bauweise der Cross-Räder-Rahmen kann komplizierte Halterungskonstruktionen für den Anhänger nötig machen. Dazu kommt, daß das Mountainbike, das keine richtigen Schutzbleche hat, bei schlechtem Wetter zur Dreckschleuder wird, die unermüdlich Matsch in die zum Teil offenen Transporter hineinschaufelt.

Schlechtes Wetter macht den Kinderanhängern weniger zu schaffen, da die meisten durch mitgelieferte Planen oder Zeltkonstruktionen regendicht zu machen sind. Eher schon wird die Kinder stören, daß sie bei schneller Fahrt oder holpriger Strecke gehörig durchgeschüttelt werden. Immerhin sind inzwischen die ersten gefederten Modelle auf dem Markt. Vernünftige Kinderkarren sind allerdings kaum unter 700 Mark zu haben.

Wichtig bei der Auswahl eines Kinderanhängers ist vor allem die Sicherheit. Man sollte sich vergewissern, ob der Wagen kippsicher ist, ob er das Rücklicht des Fahrrads verdeckt (dann braucht er eine eigene Beleuchtung), ob Gurte mit Schnellverschluß vorhanden sind und ob die Kinder in die Räder des Wagens oder Hängers greifen können. Und die sonst eher ätzenden Leuchtfarben sind beim Kinderanhänger wirklich sinnvoll.

Ob nun Lasten- oder Kinderanhänger: Die Karren sind inzwischen so begehrt, daß auch sie mit einem guten Schloß gesichert werden müssen — sonst heißt es sehr schnell wieder mit Taschen, Tüten und Rucksäcken zum Einkaufen losradeln. Martin Böttcher