Finanzminister streiten ums 13. Schuljahr

■ Vorschlag: Abitur-Jahr abschaffen und Studium in Trimestern organisieren/ Bundeskanzler Helmut Kohl lockt zum Herbst mit dem Bildungsgipfel

Berlin (taz) – Oskar war wieder frech und wollte es dann gar nicht gewesen sein. Die Abschaffung des 13. Schuljahres und des schulfreien Samstages gehörten zu einer „Fülle von Vorschlägen“, die der saarländische Ministerpräsident Oskar Lafontaine gestern laut dpa seinen Kollegen in Bonn zum Thema Bildung machte. Außerdem solle an den Hochschulen künftig in Trimestern studiert werden. Die Professoren wären zu zwei Stunden mehr Lehre (als bislang acht) zu verpflichten. Oskars Regierungssprecher Flackus dementierte sogleich – den Autoren, aber nicht die Sache. Die Vorschläge kämen von den Chefs der Staatskanzleien.

Die Ministerpräsidenten verlangten unterdessen vom Kanzler, er solle mehr Geld für den Bildungsbereich lockermachen. Das müsse vorab geschehen, sonst könne man das sogenannte „bildungspolitische Spitzengespräch“ besser absagen. Helmut Kohl seinerseits machte den Gipfel in einer Regierungserklärung vor dem Bundestag zum Kongreß. Alle „bildungspolitisch Verantwortlichen“ sollten „im Herbst diesen Jahres“ – so der neue Termin – daran teilnehmen. Der Kanzler rückte dabei das duale Ausbildungssytem in den Vordergrund. Es dürfe nicht an Bedeutung verlieren, wenn gleichzeitig die Hochschulen „wegen steigender Überlastung ihre Aufgaben in Lehre und Forschung nicht mehr erfüllen könnten“. Kohl kritisierte die „extrem langen Ausbildungszeiten für Akademiker“. Ziel einer durchgreifenden Reform der Hochschulen sollte daher vor allem eine Straffung der Studiengänge sein. Der Kanzler sprach sich auch für die Abschaffung des 13. Schuljahres aus.

Gegen die Verkürzung der Gymnasialzeit wurde gestern mit scharfer Zunge gekämpft. Bildung drohe „zum Joker im Finanzpoker“ zu verkommen, sagte der Vorsitzende des Verbandes Bildung und Erziehung, Wilhelm Ebert. „Eine Kriegserklärung“ an die Pädagogen nannte der GEW- Vorsitzende Dieter Wunder den Vorschlag, die Lehrer eine Stunde länger unterrichten zu lassen. Auch diese Idee war gestern zunächst Lafontaine aufgebürdet worden. Vermutlich stecken aber die Länder-Finanzminister dahinter. Sie drängen offenbar darauf, ihre eigenen Kollegen aus den Wissenschafts- und Finanzressorts außen vor zu lassen. Deren derzeitige Chefin Steffie Schnoor rang gestern vor den Ministerpräsidenten um ihre Zuständigkeit. Bis 1995 würden die Kultusminister Stundenzahlen und Prüfungsanforderungen überprüfen. Eine rein finanzpolitisch motivierte Entscheidung komme nicht in Frage. cif