Jazz und Frieden

■ Joachim Berendt gastiert in Hamburg mit seinem Benefiz-Oratorium für Bosnien

gastiert in Hamburg mit seinem Benefiz-Oratorium für Bosnien

Obwohl Joachim Ernst Berendt „nicht mehr so viel Zeit für den Jazz“ hat, ist sein Name mit dieser Musik unzertrennlich verbunden. Der Siebzigjährige avancierte zum Jazz-Papst, sein millionenfach verkauftes Jazz-Buch ist zu einer Jazz- Bibel geworden. Nun hat er ein „Friedens-Oratorium“ erarbeitet, den Erlös dieser Oratoriumskonzerte leitet Berendt nach Bosnien- Herzegowina weiter.

Bis Anfang der 80er Jahre produzierte der Sohn eines protestantischen Pfarrers für den Südwestfunk über 5000 Sendungen, die nicht nur afro-amerikanische Rhythmen zum Gegenstand hatten, sondern sich auch mit arabischen und asiatischen Kulturen auseinandersetzten, und dies zu einem Zeitpunkt, in dem der Begriff „Weltmusik“ nur für Insider Bedeutung hatte. Vielleicht animierten auch die längeren Aufenthalte in Indien und China Berendt zu einer Verlagerung seines Arbeitsschwerpunktes. „Es ist schön, in meinem Alter mit neuen Sachen große Erfolge zu feiern“, sagt der in Baden-Baden lebende Berendt. Diese „neue Sachen“ finden sich in Buchhandlungen unter der Rubrik „Esoterik“.

In seiner dreiteiligen Projektreihe Nada Brama – Die Welt ist Klang, Das dritte Ohr und Ich höre – also bin ich, plädiert der Pfarrersohn für eine Welt, die das Ohr und das Hören – nach Innen und nach Außen – in den Vordergrund bringt, denn „die abendländische ist eine überzüchtete visuelle Kultur. Das Auge ist unser täuschungsanfälligstes und aggressivstes Organ. Das Ohr ist im Gegenteil das sicherste“. Das Ohr sei der Weg, um Ausbeutung und Unterdrückung von Mensch und Natur wieder in den Griff zu bekommen, meint er.

Seit letzten Herbst ist Berendt zusammen mit dem Sänger Michael Vetter im Dienste des Friedens unterwegs. Die beiden haben das „Friedens-Oratorium“ gemeinsam erarbeitet und treten zwischen Norddeutschland und der deutschsprachigen Schweiz auf. Die Einnahmen der Benefiz-Veranstaltungen sind für die vom Krieg betroffenen Menschen in Bosnien-Herzegowina bestimmt.

Die Idee entstand aus direkter Betroffenheit: „Meine Frau stammt aus Bosnien-Herzegowina“, erzählt Joachim Ernst Berendt. „Seit Monaten ist das Haus voll mit Flüchtlingen. Lange mußten wir zugukken, wie die Politiker nichts machen konnten oder wollten“. Bis er irgendwann zur Selbsthilfe griff. „Der Krieg ist in uns, in mir und in dir“ heißt der zentrale Satz des ersten Teils des Oratoriums, ein Satz, der von Berendt stammt und

1für ihn große Bedeutung hat.

„Der zweite Teil des Oratoriums ist versöhnlicher und gibt den Menschen die Möglichkeit zu entspannen“. Die finstere Strenge des Gongs, die im ersten Teil überwiegt, überläßt im zweiten Teil den Platz der Flöte und dem Oberton- Gesang von Michael Vetter, der „der beste Sänger in dieser Tonlage ist“, wie Berendt zugibt.

Aus den ersten 30 Konzerten wurde eine Summe eingespielt, die schon den direkten Weg in die Krisenregion gefunden hat. „Wir haben einen Krankenwagen gekauft und ihn voll mit Medikamenten in die bosnische Stadt Mostar geschickt. Außerdem waren wir in der Lage, 100 Familien Beträge zwischen 50 und 200 Mark zukommen zu lassen“. Nikos Theodorakopulos

Das Benefiz-Konzert findet morgen um 19 Uhr in der St. Jakobikirche statt.