Bremerhaven: Heyme-Syndrom?

Angesichts der „dauerhaften personellen Unterbesetzung des Stadttheaters“ betrachte er seine „künstlerischen Vorstellungen als nicht weiter entwicklungsfähig“. Gestern begründete der Intendant des Bremerhavener Stadttheaters, Dirk Böttger, warum er seinen Vertrag über die Spielzeit 1993/94 hinaus nicht verlängern will. An einem Theater mit einer ohnehin „sehr sehr dünnen Personaldecke“ (243 MitarbeiterInnen) sollen innerhalb der nächsten vier Jahre 20 Planstellen (=8,5%) wegrationalisiert werden. Nur das kleine Pforzheim habe noch weniger Stellen als Theater vergleichbarer Größe. Ohne Eingriffe in das Drei-Sparten-Theater sei die geforderte Sparquote nicht aufzubringen.

Böttger betont, daß es für ihn kein „Heyme-Syndrom“ gebe. Er habe den Etat nie überzogen. Aber die Sparpläne gingen an die künstlerische Substanz. In einer solchen Situation kann der Intendant seit 1988 „die kulturellen Perspektiven in dieser Stadt nicht mehr recht ausmachen“. Der erst vor wenigen Jahren mit großen Visionen verbundene Kulturentwicklungsplan sei schon zur Makulatur geworden.

Daß es auch andere Gründe für seinen Schritt gibt, deutet er nur an. Unpopuläre Entscheidungen seien ihm „innerhalb und außerhalb des Theaters als autoritäres Verhalten und mangelnde Kooperationsbereitschaft ausgelegt“ worden.

Bremerhavens Kulturdezernent Wolfgang Weiß äußerte Verständnis für Böttgers Entscheidung. „Wir sind am unteren Level. Wir geraten deutlich unter die Grasnarbe.“ Weiß hofft, daß Böttgers Erklärung zu einer Grundsatz-Debatte in der Stadt führen wird.

Trotz aller Kürzungen hat sich der Kulturdezernent dafür stark gemacht, daß Bremerhaven im Juni 1994 zum Austragungsort des 19. Norddeutschen Theatertreffens wird. Die geschätzten Kosten von 500.000 Mark sollen größtenteils aus Lottomitteln, aus Sponsorengeldern und aus dem Landes-Topf der Wirtschaftsförderer aufgebracht werden. Weiß will Bremerhaven überregional als Theaterstandort mit Ausstrahlung bekanntmachen, ein Argument, dem sich die Wirtschaftsförderer, wie er hofft, nicht verschließen können. Hans Happel