Wer bezahlt das Millionending?-betr.: "Super-Pfaffe: Gottes MG in Essen", taz vom 19.3.93

betr.: „Super-Pfaffe: Gottes MG in Essen“, taz vom 19.3.93

Aufgrund der zahlreichen Kirchenaustritte offensichtlich in Panik geraten, versuchen die Kirchen sich nun ganz im Stile gewisser Privatsender als Reality-Trittbrettfahrer. Genau in dieses Konzept paßt dieser klerikale Marktschreier Billy Graham! Wir werden uns also in Zukunft wundern, was da alles noch auf uns zukommen wird.

Gespannt darf man sein, wie tief die Niveau-Schwelle der heimischen Christen noch gesetzt werden darf. In der Tat: „ein Millionending“, nur wer bezahlt es? Eigentlich könnten und sollten die Kirchen mit ihrem Geld machen, was sie wollen, vorausgesetzt, es handelt sich um ihr Geld – selbst wenn es sich, wie in diesem Falle, um 7,8 Millionen DM handelt. Wie viele Kinder in der sogenannten Dritten Welt ließen sich mit dieser Summe vor dem direkten Hungertod bewahren, etwa in Somalia, Angola, Brasilien, oder wieviel Kriegskinder aus Bosnien versorgen?

Leider berichtet der Artikel nichts über die Finanzierung dieses Millionenspektakels. Aus dem Beitrag geht nicht hervor, daß fast die Hälfte dieser Summe durch die Veranstaltungsorte, also genauer, durch die Kommunen, oder noch genauer: durch den Steuerzahler finanziert, also auch durch Konfessionslose und Andersgläubige aufgebracht wird. So und so ähnlich sieht die gesamte Kirchenfinanzierung aus! Man darf gespannt sein, wie lange sich die Wähler, die ja mittlerweile alle lesen, schreiben und rechnen können, willens sind, das noch weiterhin zu ertragen. Ob der katholische Bischof Lehmann, der den Deutschen vor wenigen Tagen vorhielt, sie seien selbstsüchtig und nicht zum Teilen bereit, auch das Teilen dieser Kosten gemeint hat?

Wenn dies der Anfang einer neuen Entwicklung ist, rauben die Kirchen den Karnevalisten künftig die Show. Norbert Dethof, Holzwickede