■ Bonn-apart
: Krause überholt Waigel

Bonn (taz) – Platz 1 für Theo Waigel, meinte die taz am 23. März zum Wettbewerb um „Skandale und Skandälchen“. Doch in Wahrheit gebührt die Krone Günther Krause, was leicht zu beweisen ist: Während im Normalfall die eine Großpartei die Affären der jeweils anderen nach Kräften köcheln läßt und die Medien sich je nach Couleur entsprechend verhalten, hat Günther Krause Glück. Seine Putzfrauen-Affäre gerät in Rekordtempo in Vergessenheit. Haben sich hier alle verschworen? Oder handelt es sich um einen Fall von kollektiver Ignoranz der politischen Klasse? Fest steht jedenfalls: Was erst am Freitag, den 19.3. ruchbar wurde, daß nämlich die Familie Krause sich beim Arbeitsamt bediente, interessiert am Freitag den 26.3. bestenfalls noch den sozialpolitischen Sprecher der SPD oder Werner Schulz vom Bündnis 90.

Ganz schnell, bereits am Montag, schloß die Unionsfraktion – Günther Krause ist hier übrigens der Sprecher der ostdeutschen Abgeordneten – die Akte Krause. „Um so mehr ist anzuerkennen“, lobt der Fraktionsvorstand sogar, „daß Günther Krause die ihm rechtmäßig zuteilgewordenen Leistungen zurückzahlt.“ Krauses ordentlicher Diener vor dem Kanzler („..bedaure sehr, daß ich mit diesem Vorgang Anlaß zur öffentlichen Kritik gegeben habe“) hatte ausgereicht. Aber waren die Leistungen denn „rechtmäßig“? Als am Mittwoch der Sozialausschuß und der Bundestag den Fall beraten, widerruft der Vizepräsident der Bundesanstalt für Arbeit in der Sitzung des Sozialausschusses die Position, die Bewilligung sei rechtmäßig gewesen. Zudem wird ruchbar, daß Krauses treuherzige Erklärung vom Montag mindestens nicht ganz aufrichtig war: Frau Krause hat sich offenbar mächtig ins Zeug gelegt, um einen optimalen Zuschuß zu erhalten. Das interessiert indessen weder den Fraktionsvorstand noch den Kanzler, der am Donnerstag der Nation mitteilt, eine Industrienation ließe sich nicht als Freizeitpark organisieren.

Am nächsten Dienstag begeben sich die Finanzminister erneut auf die Suche nach den 9 Milliarden Mark, die wegen Mißbrauchs sozialer und sonstiger Leistungen die öffentlichen Kassen übermäßig belasten. Die sozialdemokratische Opposition hat sich erstaunlich wenig dafür interessiert, daß Herr Krause mit seiner Haushaltshilfe vom Arbeitsamt nicht weniger getan hat, als die Solidarpaktvereinbarung kräftig zu konterkarieren. Tissy Bruns