Schwarze Schafe und Unschuldslämmer

Deutscher Wohlstandsmüll rottet in Indonesien/Umweltbehörde, Exporteure und Duales System: »  ■ Das waren wir nicht

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Panorama-Recherchen und der taz-Bericht über Exporte deutschen Plastikmülls nach Indonesien, an denen auch Hamburger Firmen beteiligt sind, sorgen für Wirbel — doch niemand will's gewesen sein.

„Wir haben keine Kunststoffmüllexporte nach Indonesien genehmigt“, verteidigt sich die Umweltbehörde, „denn der Export von Reststoffen, die recycelt werden sollen, ist nach dem Abfallgesetz nicht genehmigungspflichtig“. So habe man lediglich, argumentieren Vahrenholts Mitarbeiter so spitzfindig wie sachlich korrekt, den Export nicht untersagt. Ansonsten lobt Fritz Vahrenholt seinen Weitblick: „Wir haben frühzeitig davor gewarnt, daß die im Rahmen des Dualen Systems (DSD) gesammelten Kunststoffverpackungen ins Ausland abfließen werden“. Und deren offiziell bekannte Menge steigt täglich. Verkündete die Umweltbehörde am Montag, sie wisse nur von rund 500 Tonnen Plastikabfällen, die Hamburger Firmen 1992 nach Indonesien verschifften, mußte sie gestern eingestehen, von fast 3000 Tonnen Kenntnis gehabt zu haben. Diese wurden von der am Winterhuder Weg ansässigen Muehlstein GmbH verschifft. Die Tochter von „Mobil-Oil“ verwahrt sich dagegen, in den Dunstkreis zwielichtiger Müllexporte gerückt zu werden. Muehlstein-Geschäftsführer Klaus Tamcke: „Wir liefern seit Jahren ganz legal gebrauchte Kunststoffolien nach Indonesien.“ Diese beständen aus einer Kunststoffart, könnten in zwei Betrieben in Surabaya auf Java zu Sandalen und Taschen aufbereitet werden.

An dem Müllchaos in Indonesien, wo sich laut „Panorama“ verdreckte Kunststoffabfälle aus Deutschland meterhoch auf wilden Müllkippen türmen, ist für den Muehlstein Manager allein das „unausgegorene DSD“ verantwortlich. „Das zieht dubiose Müllhändler an, wie Motten das Licht“, betont Tamcke. Die Grüne-Punkt-Entsorger könnten nur ein Zehntel der Kunststoffabfälle in Deutschland recyceln, Subunternehmer bekämen kräftige Zuschüsse, wenn sie dem DSD den Müll abnähmen. „7000 Mark pro LKW Plastikmüll“, hat Tamcke errechnet, könnten die Subunternehmer kassieren, ohne daß das DSD „wirklich kontrollieren kann, ob auch alles der Wiederverwertung zugeführt wird.“

Doch auch die DSD-Funktionäre waschen ihre Hände in Unschuld. „Wir haben 1992 lediglich 94 Tonnen Altkunststoffe nach Indonesien exportiert, die nach TÜV-Untersuchungen ordnungsgemäß verarbeitet wurden“, erläutert DSD-Geschäftsführer Wolfram Brück. Vielmehr seien „in großem Umfang Kunststoffe aus kommunalen Sammlungen, mit denen das DSD nichts zu tun hat, nach Indonesien exportiert worden“. Einer dieser privaten Entsorger ist die „Recycling GmbH Hamburg“, die nach Panorama-Informationen allein im November 1992 290 Tonnen Plastikabfälle in das südostasiatische Inselreich verschiffte. „Das ist keine Tochterfirma von Sanne, Kruso & Pape (SKP), wir haben mit denen nichts zu tun“, grenzt SKP- Sprecher Michael Schubert, der auch als Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft des DSD-Hamburg fungiert, den Hamburger Müllsortierer von der ins Zwielicht geratenen Gesellschaft ab. Zur Recycling GmbH unterhielt dafür zumindest bis Mitte 1992 die Muehlstein GmbH enge Geschäftsbeziehungen. Womit sich der Kreis der Unschuldslämmer schließt. Marco Carini