Mauerschütze bleibt frei

■ Neunter Mauerschützenprozeß zum Tod am Brandenburger Tor beendet

Berlin (taz) — Der ehemalige DDR-Grenzer Helmuth Hübner, angeklagt wegen Totschlags an dem aus Frankfurt am Main stammenden Siegfried Krug vor dem Brandenburger Tor, wurde gestern zu einer Bewährungsstrafe von zwei Jahren verurteilt. Damit folgte das Gericht dem Antrag der Verteidigerin Bode. Die Staatsanwaltschaft hatte eine Freiheitsstrafe von dreieinhalb Jahren gefordert.

Der nur wenige Wochen dauernde Prozeß hatte sich vor allem durch die bis heute ungeklärte Situation am Tattag, dem 7. Juni 1968, ausgezeichnet. Der durch drei Schüsse aus der Kalaschnikow des Angeklagten Getötete war, das steht fest, legal über den Grenzübergang Friedrichstraße nach Ost-Berlin eingereist, hatte ein Taxi zum Brandenburger Tor geordert und dann dort den Grenzstreifen betreten. Auf die Aufforderung verschiedener Grenzer, stehenzubleiben, soll er erwidert haben: „Ihr schießt ja doch nicht.“ Erst als Hübner eine Salve in die Luft abschoß, verharrte Krug kurz, drehte sich dann um und ging direkt auf den Schützen zu, der mit durchgeladenem Gewehr auf Dauerfeuer ihm zugewandt stand.

Hübner erinnerte sich, ihn wiederholt aufgefordert zu haben, stehenzubleiben. Als sich Krug bis auf wenige Meter genähert hatte, drückte Hübner ab und verletzte den vermeintlichen Flüchtling tödlich. Die Hauptverhandlung vermochte nicht zu klären, weshalb Siegfried Krug sich in den Todesstreifen begab.

In ihrem Plädoyer verwies die Verteidigerin vor allem darauf, daß es absolut glaubwürdig sei, wenn Hübner angäbe, aus Angst und Verwirrung abgedrückt zu haben. Sie verwies darauf, daß keiner der anderen Posten den Mann aufgehalten habe, daß anscheinend alle mit der Situation überfordert waren. Auch machte sie geltend, daß die Hauptverhandlung nicht ergeben habe, daß der Grenzer gezielte Schüsse abgegeben habe. Ihm sei nur bedingter Vorsatz nachzuweisen. ja