Vom Abfall her gedacht

■ Töpfer bringt neues Abfallgesetz durchs Kabinett/ Proteste der Industrie

Berlin (taz/dpa/AFP) – Bundesumweltminister Klaus Töpfer (CDU) hat gestern vom Kabinett das Placet für sein Kreislaufwirtschaftsgesetz erhalten. Der Gesetzentwurf sieht vor, daß Industrie und Handel künftig Altstoffe mit dem Ziel erfassen müssen, daß diese weitgehend wiederverwertet werden. Nur nicht nutzbare Reste sollen verbrannt oder direkt auf Deponien gelagert werden dürfen. Eine Wiederverwertungspflicht, die in dem Gesetz ursprünglich vorgesehen war, war nach einer Intervention der chemischen Industrie beim Bundeskanzler in eine Soll-Vorschrift verwandelt worden. Die chemische Industrie will so die Müllverbrennung wieder salonfähig machen.

Die Wirtschaftsverbände hatten am Dienstag mit allem Nachdruck einen Stopp der Gesetzesnovelle verlangt. Die vorgesehenen Regelungen führten „zu tiefen Eingriffen in Produktion, Produkte und Märkte“, kritisierte etwa der Deutsche Industrie- und Handelstag (DIHT). Der Handel klagte, er könne als Abnehmer der Produkte nicht vom Abfall her denken.

Das Gesetz soll die Industrie unter anderem dazu verpflichten, alle zwei Jahre über Art, Menge und Umfang von Rückständen Rechenschaft abzulegen, die im Produktionsprozeß anfallen. Der Entwurf des Umweltministers sieht außerdem eine Änderung des Abfall-Begriffes vor: Künftig zählen dazu nur noch die Materialien, die nicht als sogenannte Sekundär- Rohstoffe wiederverwertet werden können. So soll die Bedeutung des Recyclings in der Abfallwirtschaft gestärkt werden.

Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) kritisierte, ein „Recycling um jeden Preis“ sei unvernünftig. Es sei nur dann sinvoll, bereits gebrauchte Materialien als Sekundärrohstoffe erneut zu verwenden, wenn es dafür einen Markt gebe. Der Staat solle sich in der Abfallpolitik auf Rahmenvorgaben beschränken und der Wirtschaft deren Umsetzung überlassen.

Dagegen verteidigte der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Johannes Gerster, Töpfers Entwurf als „Durchbruch im Umweltschutz“. Das Gesetz verkörpere den Abschied von der Wegwerfgesellschaft. Umweltverbände, wie etwa der Bund für Umwelt und Naturschutz in Deutschland (BUND) halten zwar Töpfers Ansatz, die Produzenten in den Verantwortung zu nehmen für richtig. „Leider bleibt das Gesetz aber bei den guten Vorsätzen stecken“, so BUND-Geschäftsführer Onno Poppinga. Zum einen sei nicht geklärt, wie denn die geforderte Wiederverwertung kontrolliert werden solle, zum zweiten drohe durch die Hintertür bei diesem Gesetz eine massive Ausweitung der Müllverbrennung – getarnt als „energetische Verwertung“.

Der umweltpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Michael Müller, kritisierte gestern, das Gesetz werde seinem Namen nicht gerecht. Ein Kreislaufwirtschaftsgesetz müsse vor allem bei den Inputs der Produktion ansetzen, nicht erst bei den Produkten und Überresten. ten