Kohl behält seine Meinung für sich

■ Krause wird zwar in Bonn täglich weniger geliebt, seine Kollegen aus dem Osten jedoch kritisieren ihn nur zaghaft

Krause wäre nicht Krause, wenn Krause nicht bliebe. Rücktrittspläne? Nein, die habe der Verkehrsminister nicht, beteuerte gestern seine Sprecherin in Bonn. Auch in der Kabinettssitzung waren die jüngsten Enthüllungen über die Freiflüge von Krause- Sohn Christian Krause – selbstverständlich – kein Thema.

Der Bundeskanzler habe zwar „mit Sicherheit“ eine Meinung dazu, meinte Regierungssprecher Dieter Vogel. „Er behält sie aber für sich.“

Krause wird in Bonn zwar täglich weniger geliebt, aber er wird immer noch gebraucht. Zumindest unter den ostdeutschen CDU-Abgeordneten, deren Sprecher der Verkehrsminister ist, hält man ihn für unverzichtbar. Der sächsische CDU-Abgeordnete Rainer Jork etwa beharrt durchaus darauf, daß Abgeordnete besonderen moralischen Maßstäben genügen müßten. Deshalb hat er auch schon mal bei Krause nachgefragt, was es denn mit den Dingen auf sich habe, die da in den Zeitungen standen. Jork sieht gleichzeitig keinen, der Krause als lautstarken Sprecher für die ostdeutschen Interessen ersetzen könnte. „Krause war bisher der Beste“, sagt der Sachse.

Ein kleines Fragezeichen fügt er aber hinzu – ohne dabei Krause direkt anzusprechen. Wenn ein Abgeordneter oder Minister irgendwann „aus Selbstverschulden oder durch Druck von außen“ nicht mehr dazu komme, so Jork, seine eigentliche Arbeit zu machen, sei das „schon eine Gefahr“. Gestern sah es bei Krause danach noch nicht aus. Das Kabinett billigte gleich drei Vorlagen aus dem Haus des Verkehrsministers. Darunter waren — für Autobahnabschnitte in Sachsen-Anhalt und Mecklenburg – zwei der umstrittenen Investitionsmaßnahmegesetze.

Bisher hatte der Minister nie große Schwierigkeiten, seine Vorhaben in Bonn durchzusetzen – obwohl der Mecklenburger unter seinen Ministerkollegen alles andere als beliebt ist. Krauses Arroganz ist Legende, ebenso seine Neigung, die Kollegen am Kabinettstisch auch dann zu belehren, wenn die Meinung des Verkehrsministers gar nicht gefragt ist. Das trug ihm den Spottnamen „Professor Allwissend“ ein.

Seinen ersten größeren verkehrspolitischen Reinfall in Bonn hatte er mit der Vignette. Seitdem darf Krause auch nicht mehr als Lieblingsminister seines Kanzlers gelten. Der Kompromiß, den Kohl damals mit der FDP ausgehandelt hatte und der die Vignette einstweilen beerdigen sollte, wurde von der CDU/CSU-Fraktion nicht zuletzt deshalb gekippt, weil Krause vor den Abgeordneten die Koalitionsverabredung wieder in Frage gestellt hatte. Kohl war düpiert – der Verkehrsminister fiel in Ungnade.

So ist man heute im Haus des Bundeskanzlers auch gerne bereit, eine Geschichte aus dem Herbst 1991 zu bestätigen, die geeignet ist, dem Verkehrsminister den Spiegel vorzuhalten. Als der Kanzlersohn Peter bei einem Autounfall in Italien lebensgefährlich verletzt wurde, eilte Hannelore Kohl am 31. 0ktober 1991 mit einer Maschine der Flugbereitschaft des Bundes von Frankfurt nach Mailand. Die Kosten des Fluges – 70.000 Mark – erstattete Kohl aus seiner Privatschatulle – ohne zu zucken und zu zögern. Die Meinung über Krause, die Kohl gestern für sich behielt, läßt sich aus diesem Zusammenhang wohl mühelos erschließen. Hans-Martin Tillack, Bonn