Hamburg drängt auf weitere Elb-Vertiefung

■ Heute Konferenz der Küstenländer / Kritik der Naturschutzverbände: wirtschaftlich unsinnig und ökologisch gefährlich

: wirtschaftlich unsinnig und ökologisch gefährlich

Über die Elbvertiefung debattieren heute in Hamburg die Staatssekretäre und Staatsräte für Wirtschaft und Umwelt aus Schleswig- Holstein, Hamburg und Niedersachsen. Damit die großen Container-Schiffe der „vierten Generation“ auch vollbeladen den Hamburger Hafen erreichen können, will die Hamburger Wirtschaftsbe-

1hörde die Unterelbe streckenweise auf 16 Meter vertiefen. Diese Maßnahme, bei der für mehr als 300 Millionen Mark aus der Bundeskasse 33,5 Millionen Kubikmeter Sand und Schlick gebaggert werden müßten, ist aus mehreren Gründen umstritten. Anlieger der Unterelbe und Naturschützer befürchten negative Folgen für Naturhaushalt

1und Küstenschutz. Die Umweltverbände lehnen jede weitere Vertiefung der Elbe ab. „Sie ist vom Bedarf her nicht zu rechtfertigen, volkswirtschaftlich unsinnig und ökologisch gefährlich“, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung, die der Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschland (BUND), der World Wild Wide Fund for nature (WWF), der Naturschutzbund und der Naturschutzverband Niedersachsen gestern herausgaben. Die ökologischen Folgen stellten die Naturschützer diesmal nicht in den Vordergrund nach dem Motto: Wo kein Bedarf, da keine Fahrrinennvertiefung und keine ökologischen Folgen. Die Pläne der Wirtschaftsbehörde gingen aus vom „Dinosaurier-Schiff“, so Bodo Koppe vom BUND gestern auf einer Pressekonferenz. Das seien Riesen von 294 Meter Länge, die vollbeladen einen Tiefgang von 13,80 Meter im Süßwasser haben — wie beispielsweise der „Hannover-Expreß“ von Hapag-Lloyd. Die Naturschutz- Verbände haben den Verdacht, daß Hapag-Lloyd hinter dem Drängen auf eine Elbvertiefung steckt, denn der Reederei gehören einige der tief eintauchenden Schiffe. Es gäbe aber durchaus Container-Schiffe der vierten Generation mit lediglich 12,80 Metern Tiefgang, so Koppe. Außerdem wäre das mittlere Containergewicht in den vergangenen Jahren gesunken: „Ein Micro-Chip ist nicht so schwer wie ein Baustein“ und 16 Prozent aller transportierten Container seien leer. Wenn aber die Fracht der Schiffe leichter wird, sinkt damit auch der Tiefgang.

Auch aus Gründen des Hochwasserschutzes spricht einiges gegen eine weitere Vertiefung der Unterelbe. Durch Fahrrinnenvertiefungen laufen Sturmfluten schneller auf und langsamer ab. Kritiker befürchten einen weiteren Anstieg des Tidenhubs um 15 Zentimeter.

Außerdem könne die Vertiefung dazu beitragen, daß sich noch mehr Schlick im Hafen absetzt, sagt Koppe. Die Umweltverbände fordern daher Niedersachsen und Schleswig-Holstein auf, den Mehranfall von Hafenschlick durch die Elbverteifung wissenschaftlich ermitteln zu lassen, bevor die Standortsuche für eien Schlickdeponie in beiden Ländern fortgesetzt wird.

Nach Ansicht der Naturschutzverbände hätte eine Elbverteifung unkalkulierbare Folgen für Tiere und Pflanzen. Die letzten Röhrichtbestände an der Elbe könnten dadurch zerstört werden, Flachwassergebiete trocken fallen und Nebengewässer weiter zuschlicken.

Die Verbände fordern den Bundestag auf, Elb- und Weservertiefung aus dem Bundesverkehrswegeplan zu streichen. Die norddeutschen Küstenländer sollen „unverzüglich eine gemeinsame Hafenkonferenz einberufen, um dem ruinösen Wettberwerb der großen Häfen Hamburg und Bremen/Bremerhaven zu Lasten von Ökologie und Ökonomie ein Ende zu setzen“.

Das heutige, ressortübergreifende „Abstimmungsgespräch“ könnte eine „verfrühte, inhaltlich nicht begründbare Zustimmung“ der Nachbarländer zur Elbvertiefung ergeben, befürchten die Umweltschutzverbände. Vera Stadie