Keine „Brüderlichkeit der Kasernen“

■ Frankreichs neue Rechtsregierung hat alte diktatorische Freunde in Afrika – zeigt ihnen aber wenig Sympathie

Berlin (taz) – Nicht nur in Frankreich ist diese Woche ein neues Kabinett gebildet worden. Auch im fernen afrikanischen Zaire hat ein neuer Premierminister, Faustin Birindwa, seine Amtsgeschäfte übernommen und ein Kabinett gebildet.

Der Unterschied: Während der Regierungswechsel in Frankreich auf freie Wahlen folgt, tritt Birindwa in Zaire ein Amt an, das bereits besetzt ist. Zaires legaler Premierminister heißt Etienne Tshisekedi und ist dem langjährigen Diktator Mobutu nicht wohlgesonnen. Der zairische Präsident hat nach der geltenden Verfassung überhaupt kein Recht, einfach noch einen Premierminister zu ernennen – meinen Tshisekedi und Zaires Übergangsparlament. Nur erkennt Mobutu zur Zeit weder Premierminister Tshisekedi noch das Übergangsparlament, noch die geltende Verfassung an. Sein Gegenpremier Birindwa wurde von einem Gegenparlament in Einklang mit einer zugleich beschlossenen Gegenverfassung berufen. In der französischen Wahlnacht – Zufall oder nicht – hatten Uniformierte in Zaires Hauptstadt Kinshasa Tshisekedis Residenz überfallen.

Das Vorgehen des zairischen Diktators läßt durchblicken, daß er sich von dem Machtwechsel in Frankreich einiges verspricht. In einer ihrer letzten außenpolitischen Entscheidungen hatte die sozialistische Regierung in Paris gegen Mobutu ein Einreiseverbot nach Frankreich verhängt; von den Rechten erhofft sich Mobutu wieder etwas mehr Sympathie. Gegen eine komplette Streichung der Entwicklungshilfe für Zaire sprach sich vor den Wahlen Alain Juppé aus, jetzt neuer französischer Außenminister: „Kann man Männern und Frauen, die nichts haben, die Lebensader abschneiden?“ Ein ganz anderer Ton als der des scheidenden Ministers für Humanitäre Angelegenheiten, Bernard Kouchner, der Mobutu als „wandelnden Tresor“ beschimpft hatte.

„Starke Männer“ sind passé

Auch Togos Präsident Gnassingbe Eyadema, dessen Gewaltherrschaft in den letzten Monaten Hunderttausende Togoer zur Flucht ins Ausland getrieben hat, hofft auf neue Schützenhilfe aus Paris. Eyadema erhielt Ende 1992 Besuch von Charles Pasqua, jetzt französischer Innenminister, der ihn in seiner Politik bestärkte; später schickte auch Frankreichs Ex-Präsident Valéry Giscard d'Estaing, Führer der liberalen Partei UDF, einen Solidaritätsbrief.

Doch spricht wenig dafür, daß die französische Afrikapolitik nunmehr wieder, wie bis Ende der 80er Jahre, auf die Unterstützung „starker Männer“ ausgerichtet wird. Zu viele frankophone Länder Afrikas haben in den letzten Jahren neue demokratische Regierungen gewählt – Benin, Kongo, Mali, Niger, Madagaskar. Und für das französische Selbstwertgefühl ist Afrika einfach nicht mehr wesentlich. „Die Brüderlichkeit aus den Kasernen wird keine Rolle mehr spielen“, urteilt der senegalesische Journalist Ars Njaay. „Die Afrikapolitik Frankreichs wird sich in einer sehr konkreten Evaluierung der wirtschaftlichen Interessen in den einzelnen Ländern äußern.“ Und da habe der Kontinent nun mal wenig zu bieten. Ein solcher Pragmatismus würde darauf hinauslaufen, daß die Politik konstant bleibt, auch wenn die Rhetorik sich ändert. In einem ersten Zeichen dafür hat die neue Regierung in Paris gleich nach ihrer Ernennung das Einreiseverbot gegen Mobutu bestätigt. Dominic Johnson