Die Pollen fliegen, die Näschen schniefen

■ Immer mehr Menschen klagen im Frühjahr und Sommer über Blütenstaub-Allergien / Wirksame Gegenmittel ibt es nicht

/ Wirksame Gegenmittel gibt es nicht

Ein Heuschnupfen hat wenig mit Heu zu tun. Wenn die Wiesen gemäht sind, ist für die meisten Allergiker das Schlimmste schon vorbei. Die Mediziner nennen die Beschwerden, die immer mehr Menschen den Frühling und Sommer vermiesen, allergische Rhinitis oder Konjunktivitis (Nasenschleim- und Bindehautentzündung). Sie treten nur zu bestimmten Jahreszeiten auf. Auslöser sind fliegende Pollen, also der Blütenstaub von Gräsern und Bäumen in der Luft.

Die Überempfindlichkeit läßt die Augen tränen und brennen, die Nase tropfen, bewirkt Nies- und Juckreiz, Husten und Atembeschwerden. Eine Pollenallergie kann sich sogar bis zum Asthma verschlimmern. Die meisten Heuschnupfen-Geplagten reagieren nur auf bestimmte Pollen. Ihre Probleme haben sie je nach den Blühzeiten der Bäume und Gräser. Etwa von Februar bis April, wenn die Haselsträucher, Erlen und Weiden in Blüte stehen. Oder von März bis Mai, wenn Birken, Ulmen, Pappeln, Eschen und Buchen dran sind. Oder von Mai bis August, solange die Getreide und Gräser blühen. Durch die milde Witterung der letzten Jahre fangen die Pflanzen immer früher an zu blühen. In diesem Jahr rieben sich manche schon Anfang Januar erstaunt die Augen, wurden von heftigen Niesanfällen geschüttelt. Diagnose: Heuschnupfen.

Es sei außer Zweifel, daß die allergischen Erkrankungen und auch die Heuschnupfen-Fälle zunehmen, sagt Professor Johannes Ring, Direktor der Universitäts-Hautklinik, aber „die Gründe weiß keiner genau“. Daß Schadstoffe daran schuld sind, sei eine ernstzunehmende These, so Ring, aber noch nicht belegt. Aus epidemiologischen Untersuchungen und Tierexperimenten gehe aber hervor, daß bestimmte Schadstoffe eine Rolle als Helfer bei der Entstehung einer Allergie gegen natürliche Stoffe spielen können.

Als bester Schutz vor der quälenden Allergie gilt, den krankmachenden Blütenstaub möglichst zu meiden. Das ist jedoch gar nicht so einfach, denn die Pollen überfallen die Schleimhäute nicht nur bei Spaziergängen im Grünen. Auf dem Dach der Universitätsklinik steht eine Pollenfalle. Der Fang wird täglich analysiert und die Ergebnisse an die telefonische Vorhersage weitergegeben. In der Großstadt sei die Pollendichte in der Luft manchmal größer als auf dem Land, berichtet Professor Ring. Der Blütenstaub wird vom Smog über den Städten festgehalten und kann sich nicht verflüchtigen. Also Fenster zu, vor allem nachts, und die Haare vorm Schlafengehen waschen, denn in ihnen verfangen sich die Pollen.

Wie kann man Heuschnupfen kurieren? „Das Wichtigste ist die Diagnose“, sagt Allergie-Fachmann Ring. „Nicht jeder Schnupfen im Sommer ist Heuschnupfen und nicht jeder Schnupfen im Winter eine Erkältung.“ Wichtig sei es zu klären, auf welche Pollen jemand reagiert. Zur Behandlung empfiehlt der Mediziner antiallergische Augentropfen oder Nasensprays. Diese Mittel würden jedoch im akuten Fall, wenn Nase und Augen schon triefen, nicht mehr helfen — nur prophylaktisch gegen die Beschwerden des folgenden Tages. Deswegen rät der Allergologe, die tägliche Pollen-Vorhersage anzurufen. Seit dem 1.April sagt der medizinmeteorologische Dienst (Telefon 11601) voraus, welche Pollen am nächsten Tag durch die Luft fliegen werden. Vera Stadie