Streit um Findung

■ Kampnagel-Beirat protestiert gegen Findungskomission für den neuen Leiter

„Die Kulturbehörde benimmt sich gegenüber Kampnagel wie die Treuhand in den neuen Ländern“, so umschrieb Kampnagel-Dramaturg Michael Batz die Empörung, die die Begleitumstände bei der Berufung der Findungskomission für einen neuen künstlerischen Leiter auf Kampnagel dort hervorgerufen hatte. Insbesondere wurde auf einem Pressegespräch am Freitag morgen bemängelt, daß die Produzierenden und sonstigen dort Arbeitenden keinerlei Mitsprache-, ja nicht einmal Rederecht bei der Kandidaten-Befragung besäßen. Als „politschen Affront“ wertete Regisseurin und Kampnagel-Beirats- Mitglied Brigitte Leeser die Tatsache, daß mit George Tabori, der Leiterin des Berliner Hebbel-Theaters Nele Hertling und dem NDR- Kulturchef Heinz Glässgen drei Personen berufen worden seien, die sich mit den speziellen Belangen des Geländes nicht auskennen würden. Jugendtheater-Chef Jürgen Zielinski äußerte sogar den Verdacht, daß man in der Behörde „so eitel sei, daß man das reine Name- dropping bräuchte“, sich aber um Konzept und Perspektive des Geländes hilflos herumdrücke und es lieber wie ein Staatstheater behandle.

Hans-Heinrich Betghe, persönlicher Referent der Kultursenatorin, schloß am Freitag allerdings nicht mehr aus, daß man den Kampnagel- Beirat eventuell doch beteiligen könnte: „Wenn es die Komission selber fordert, müßte man darüber nachdenken.“ Auch der kaufmännische Geschäftsführer Jack Kurfeß werde selbstverständlich sofort zu Rate gezogen, wenn man einen en-

1geren Kreis von Bewerbern ermittelt habe. Außerdem werde bei dem ersten Treffen der Komission (ohne Tabori) am nächsten Dienstag ein vierköpfiges Gremium, bestehend aus den beiden Sommertheater-Leitern Dieter Jaenicke und Gabriele Naumann, sowie Michael Batz und ein Beirat-Mitglied, die Möglichkeit haben, den Komissionsmitgliedern Einblicke in die Struktur des Geländes zu geben.

Gekürt werden soll der neue Chef (ab 94) spätestens im Juli. Laut Bethge befinden sich in den knapp 40 Bewerbungen „erstaunlich viele interessante Leute“. tlb