Die jährliche Plage steht bevor: Mörderpollen greifen an

■ Luftverschmutzung gilt als Ursache für die steigenden Patientenzahlen / 80 Prozent Heilung mit „Hyposensibilisierung“ möglich?

hier bitte das Kornfeld

Mit den ersten warmen Sonnenstrahlen im Frühling kommen die Pollen: Während sich die einen in der Sonne räkeln, ergreifen andere vor dem fliegenden Blütenstaub die Flucht: Triefnasen, brennende, und juckenden Augen, sogar Asthma: Der Heuschnupfen hat wieder Saison, und jedes Jahr trifft es mehr.

In der Bundesrepublik liegen nur wenige gesicherte Zahlen über Heuschnupfen-Patienten

vor, sagt der Bremer Allergologe Dr. Lutz Langer. Er schätzt, daß der Anteil der Betroffenen an der Gesamtbevölkerung in den letzten fünf bis zehn Jahren von acht auf 14 Prozent angestiegen ist. Verantwortlich dafür ist laut Langer die zunehmende Luftverschmutzung. Chemische Reizstoffe in der Luft führen zu „Irritationen der Atemwege“ und einer höheren Empfindlichkeit gegenüber den allergieauslösenden Stoffen.

Auch die Pollen selbst sind der Einwirkung durch Schadstoffe ausgesetzt. Die Luftverschmutzung führt zu einer Veränderung in der Oberfläche des Blütenstaubs, dadurch wird er aggressiver.

Das wiederum erklärt, warum in Gegenden mit dichtem Autoverkehr in den letzten Jahren deutlich mehr Pollenallergien aufgetreten sind als beispielsweise in ländlichen Gegenden. Für gesicherte Informationen über die Zusammenhänge zwischen ökologischen Faktoren und allergischen Erkrankungen fehlen bis heute gründliche Untersuchungen. Dennoch seien sie nicht von der Hand zu weisen, meint Langer.

Die einzige Möglichkeit, einen Heuschnupfenanfall zu vermeiden, ist, den „Mörderpollen“ aus dem Weg zu gehen. Seit Montag kann beim Bremer Wetteramt unter der Nummer 1 16 01 wieder der Pollenflugbericht abgefragt werden. In der Pollen- Meßstation auf dem Dach des Zentralkrankenhauses-Nord wird dreimal wöchentlich gemessen, welche Pollen wann wohin geweht werden. Allergiker können so rechtzeitig gewarnt werden, um sich hinter geschlossenen Fenstern zu verschanzen.

Dieses Jahr hat der Pollenflug wegen des milden Winters sehr früh eingesetzt. Schon Anfang Februar flogen Erlen- und Haselpollen, die jetzt von den Birkenpollen abgelöst werden. Im Sommer hat der Heuschnupfen Hochkonjunktur mit dem Einsetzen der Gräserblüte.

Eine sichere Therapie gegen den Heuschnupfen gibt es nicht. Zwar wurden die Behandlungsmethoden verbessert, erklärt Langer. Medikamente hätten beispielsweise heute weitaus weniger Nebenwirkungen als früher. Vor allem bei der Immuntherapie wurden „enorme Fortschritte“ erzielt. Die sogenannte Hyposensibilisierung, bei der der Körper langsam an die allergieauslösenden Stoffe gewöhnt werden soll, ist sicherer und wirksamer geworden. Heute würden damit bei Heuschnupfenpatienten Heilerfolge von um die 80 Prozent erreicht.

Zweifel an diesem Verfahren kommen aus der Naturheilkunde. Die Schulmedizin, meint ein Bremer Heilpraktiker, unterdrücke die Symptome, könne die eigentliche Krankheit aber nicht heilen. Häufig komme es dann nur zu einer Verschiebung der allergischen Reaktionen. Ein unfehlbares Mittel hat derNaturheilkunde aber auch nicht.

Der Heuschnupfen hat sich zwar in den letzten Jahren ausgebreitet, ist aber keine Krankheit unserer Tage. Der Asthmatiker und Allergiker Bund, in dem auch die Pollengeplagten organisiert sind, ist die älteste deutsche Selbsthilfegruppe und besteht seit 1887. Beim Landesverband Niedersachsen, der nächstgelegenen Zweigstelle, können Betroffene sich beraten lassen und Informationsmaterial anfordern (Tel. 02161/183024) Sibylle Roderer