■ Das Portrait
: Thorvald Stoltenberg

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In Genf, wohin er demnächst als neuer Jugoslawien- Vermittler der UNO zurückkehren wird, ist Thorvald Stoltenberg kein Unbekannter. Doch der letzte Aufenthalt des 61jährigen Karrierediplomaten und -politikers hinterließ eher negative Erinnerungen. Nach der bürgerlich-konservativen Regierungsübernahme in Oslo im Jahre 1986 war der Sozialdemokrat ohne Posten geblieben und bemühte sich zunächst vergeblich um die Nachfolge des damaligen Nato-Generalsekretärs Lord Carrington. Er unterlag Manfred Wörner. Dann bot sich Stoltenberg Ende 1989 UNO-Generalsekretär Perez de Cuellar als Nachfolger für den zurückgetretenen Hochkommissar für Flüchtlingsfragen (UNHCR) Jean- Pierre Hocke an. Dankbar akzeptierte Cuellar.

Stoltenberg begann sein neues Amt mit viel Schwung und der Verkündung wohlklingender Reformpläne. Doch schon nach acht Monaten, im Herbst 1990, schmiß er den Bettel hin: Seine norwegische Arbeiterpartei hatte überraschend die Wahlen gewonnen. Gro Harlem Brundtland war Regierungschefin. Und deren „Ruf in das Amt des Außenministers“ konnte sich Stoltenberg „nicht entziehen“, wie er damals in seiner Abschiedsrede vor den enttäuschten MitarbeiterInnen der Genfer UNHCR-Zentrale formulierte.

Die Enttäuschung ist längst verflogen. Für das UNHCR, das mit der Japanerin Sadako Ogata seit Januar 1991 über eine hervorragende Chefin verfügt, erwies sich Stoltenbergs Abgang als Glücksfall. International haftet ihm seit dieser Episode der Ruf des Postenjägers an. Doch das Kalkül des Außenministers, Brundtland werde 1992 neue UNO- Generalsekretärin und er ihr Nachfolger als Regierungschef, ging nicht auf.

Auf seinem neuen Posten als Jugoslawien-Vermittler, den ein so erfahrener Unterhändler wie Cyrus Vance jetzt entnervt an die UNO zurückgegeben hat, dürfte Stoltenberg kaum große Lorbeeren sammeln. Seine serbo- kroatischen Sprachkenntnisse aus der Zeit als norwegischer Diplomat in Belgrad (1961-64) oder seine 1992 gesammelten Erfahrungen als Jugoslawien-Beauftragter der Sozialistischen Internationale sind allein jedenfalls noch keine ausreichenden Vorbedingungen für Erfolg. Andreas Zumach