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■ In den Schlupflöchern: Bienen am Bahndamm freuen sich auf den Frühling

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Bahndamm freuen sich auf den Frühling

Eine verschämte Existenz führen sie, sorgsam vor den Augen der Öffentlichkeit verborgen müssen sie ihrem emsigen Treiben nachgehen. Und das, obwohl tausende von ihnen unter uns weilen - viel näher, als die meisten von uns ahnen. „Traurig, daß man sie immer noch verstecken muß“, bedauert Folkert Thieß. Doch das soll nun anders werden. Gemeinsam mit Ines Jarchow sucht Thieß die Öffentlichkeit: Um dem geheimen Treiben der Altonaer Honigbienen endlich ein Ende zu bereiten!

Mitten im Schanzenviertel, in seiner unansehnlichsten Ecke, steht seit Oktober vergangenen Jahres ein Bienenstock. Am Bahndamm Ecke Lippmannstraße/Eifflerstraße, wo sich früher Bauschutt und Schrottwagen türmten, soll nun laut Hobby-Imkerin Ines „eine grüne Oase enstehen“, in der sich Mensch und Insekt in friedlicher Koexistenz zusammentun. Eine Idee der Stadterneuerungsgesellschaft, die Ines und Folkert beim Altonaer Imkerverband aufstöberten. Dort sind sie seit sechs Jahren Mitglied: Seitdem, so erzählen die beiden, habe sich das Durchschnittsalter der Mitglieder von damals 65 Jahren enorm gesenkt.

Seit Herbst schlummert ein erstes, kleines Bienenvölkchen am Bahndamm dem Frühling entgegen. Bei etwa 10 Grad verlassen die Bienen ihr warmes Behältnis, erst bei 18 Grad starten sie zu ihren regelmäßigen Sammelflügen. Produkt ihrer Arbeit wird ein Sommerhonig werden, eine Mixtur aus Akazie, Linde, Kastanie und allen interessanten Blumenpollen, die sie in den Vorgärten finden. Immerhin haben Honigbienen einen Flugradius von 10 Quadratkilometern.

„Im Schanzenviertel gibt es jede Menge Bienenstöcke, allerdings versteckt in den Hinterhöfen“, weiß Ines Jarchow. Anders als hier, sind die Bienenvölker für EppendorferInnen schon ein alltäglicher Anblick. Jedes Jahr zur Lindenblüte, so erzählt Folkert Thieß, strömen Imker aus ganz Norddeutschland an den Harvesterhuder Weg und stellen ihre Körbe zur Blütezeit in den baumreichen Gärten der Konsulate auf.

In Altona dagegen „müssen wir

1erstmal den Anwohnern die Ängste nehmen, bevor wir weitere Stöcke aufstellen“, meint Ines Jarchow. Am liebsten würde sie das Gelände bald für jeden zugänglich machen. Doch vorher sollen die AnwohnerInnen sich über ihre neuen Nachbarn informieren. Schaukästen klären auf, an zwei Sonntagen standen die beiden Imker den AnwohnerInnen bereits Rede und Antwort.

Anders als Wespen erweisen sich Bienen kaum anhänglich: Sie sind wenig an Frühstückstisch und Kaffeetafel interessiert, da sie

1hochprozentigere Süßigkeiten als Marmelade und Limo bevorzugen. „Bienen sind friedlich, werden wirklich nur aggressiv, wenn man nach ihnen schlägt,“ wehrt Ines die Vorbehalte ab. Starke Gerüche wie Knoblauch, Alkohol oder Parfüms sollte man jedoch im Umgang mit den stachelbewehrten Insekten meiden: Solche Düfte regen sie schlicht auf. Mit Nelkenöl kann man sie jedoch in die Flucht schlagen: „Da ekeln sie sich vor.“

In diesem Jahr wollen Ines und Folkert auch den ersten „Schanzen-

1honig“ anbieten. Vorher wollen sie ihn im Labor auf seine Werte testen lassen: „Bienen sind tolle Umweltindikatoren, am Honig erkennst du, was in der Luft ist“, erklärt Ines. Wer mehr wissen will, sollte im Juni zum Infotag kommen. Der Termin wird im Schaukasten ausgehängt. Sannah Koch

Weiteres Grün für die Bienen ist erwünscht. Wer Pflanzen spenden möchte: Zaun des Geländes am Bahndamm öffnen (Schrauben aufdrehen) und Grünzeugs einpflanzen. Die Bienen danken's.