Abstraktes Spiel und dralle Komik

■ Ovationen beim Finale der Tanztheaterwochen auf Kampnagel für die Frankfurter SOAP-Compagnie

-Compagnie

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2å Mit der dreiteiligen Tanz-Performance Made to Measure zeigte das S.O.A.P. Dance Theatre aus Frankfurt am Wochenende europäische Spitzenqualität. Unter Leitung des portugiesischen Choreographen Rui Horta haben die sieben S.O.A.P.-Tänzer und Tänzerinnen eine eigenwillige Bewegungssprache entwickelt, die sich weder in akrobatischen Hochleistungsübungen erschöpft, noch die beliebten Gesellschaftsbilder à la Pina Bausch imitiert. Tänzerische Perfektion ist hier kein Selbstzweck, sondern wird in abstrakt-verspielte Tanzbilder eingebunden.

Ausgerechnet Mozarts Requiem hat Rui Horta zu dem Stück Wolfgang, bitte... inspiriert, das den Abend eröffnet. Wer sich an die Requiem-Choreographie John Neumeiers erinnert, der kennt die Tükken eines solchen Projekts. Doch anders als Neumeier, der mit seinen Leidensposen allzu oft an der Grenze zum Kitsch operiert, bemüht sich Horta gar nicht erst, die emotionale Kraft der Musik ins Gestische zu steigern. Gegen das Pathos der Trauermusik setzt er poetisch-ausgeklügelte Bewegungsmuster, die sich in raffinierten Variationen wiederholen.

Kleine, ironisch-gebrochene Alltagsgesten, auch ein zitathaft eingestreutes Rokkoko-Tänzchen schaffen wohltuende Distanz, verweisen aber auch auf die traurigen Lebensumstände des Komponisten Mozart. In knappen, streng choreographierten Szenen zeigt Horta Fragmente eines Künstlerlebens, das uns durch Kitsch und Verklärung entrückt ist und erst in der tänzerischen Verfremdung wieder berührt.

Wie souverän und variabel Horta sein Bewegungsrepertoire einsetzt, zeigen die Ordinary Events. Zu den furiosen Trommelrhythmen der Tambours du Bronx hechten die Tänzer über drei rote Läufer, die quer über die Bühne gelegt sind. Scheinbar ohne jeden sozialen Kontakt verlieren sie sich in isolierten Tanzaktionen, um sich dann doch wieder paarweise auf den bereit gestellten Stühlen zu treffen, wo sich ihre Körper virtuos ineinander verknoten. Die oft konventionellen Sprung- und Hebefiguren hat Rui Horta auch hier zu einer homogenen Bewegungssprache verschmolzen, die von den Tänzern atemberaubend genau umgesetzt wird.

Sinn für dralle Komik und szenischen Witz beweist die Truppe mit ihrem Planschstück Diving, das den Abend feucht-fröhlich beschließt. Während die Tänzer in anmutiger Freikörperkultur um die blauen Plastikwannen herumkurven, hockt ein einsamer Tänzer auf dem Sprungbrett und erzählt dem Publikum poetisch-versponnene Traumgeschichten. Manches wirkt auch hier ein wenig zu kostbar und erlesen, doch die tänzerische Perfektion der Truppe macht auch dieses Stück zu einem Genuß. Rolf D. Suhl