Kreis Pinneberg verklagt

■ IG Metall sieht rechtswidrigen Eingriff in das Demonstrationsrecht / Arbeitskampf und Betriebsbesetzung bei den Elmshorner Steen-Werken?

Die IG Metall wird den Landkreis Pinneberg vor dem Schleswiger Verwaltungsgericht wegen „Eingriff in das Versammlungs- und das Kunstfreiheitsrecht“ verklagen. Das erklärte Pinnebergs IG Metall- Chef Peter Ladehoff gestern der taz. Grund: Die Elmshorner Polizei hatte den Metallern in der vergangenen Woche verboten, während einer Demonstration einen Lautsprecherwagen sowie einen Theaterwagen mitzuführen.

Um auf die drohende Schließung der Elmshorner Steen-Werke aufmerksam zu machen, hatte die Pinneberger IG Metall am Montag offiziell einen Marsch durch die Elmshorner City und der Einkaufspassage angemeldet. Mit dabei ein Trecker nebst Anhänger, auf dem ein Theaterstück aufgeführt wurde: Angekettete Steen-Arbeiter, die von ihrem Chef ausgepeitscht werden. Aufschrift des Wagens: „Auch verkaufte Sklaven können aufstehen.“

Kurz vor der Einkaufspassage versperrten plötzlich zwei Elmshorner Streifenwagen den Metallern den Weg. Obwohl der Lautsprecherwagen und der Trecker offiziell angemeldet waren, wurde die Durchfahrt mit Begründung untersagt, das große Gefährt passe nicht durch die enge Straße — dort wo sonst schwere Lastwagen Ladung anliefern und Feuerwehrfahrzeuge durchfahren können. IG Metall- Sekretär Uwe Zabel: „Das war reine Schikane. Vielleicht weil Steen zur feinen Gesellschaft von Elmshorn gehört.“

Die Gewerkschaft ließ den Vorfall nicht auf sich beruhen und holte ein Rechtsgutachten bei der Hamburger Anwältin Ursula Ehrhardt ein. Die Expertin für Versammlungsrecht kommt zu dem Schluß: „Das Verhalten der Polizei war in zwei Punkten eindeutig rechtswidrig.“ Da für Vergehen der Elmshorner Polizei der Landrat des Kreises Pinneberg zuständig ist, wird nun dieser in Schleswig auf Unterlassung verklagt. Ladehoff: „Die IG Metall kann es nicht hinnehmen, daß in die Grundrechte auf Versammlungs und Kunstfreiheit rechtswidrig eingegriffen wird.“ Es war nämlich nicht der erste Fall. Vor vier Jahren hatte die Pinneberger Polizei den IG Metallern während einer Demo ebenfalls die Nutzung eines Lautsprecherwagens verboten und war deswegen prompt von den Schleswiger Richtern aufgefordert worden, so etwas künftig zu unterlassen.

Unterdessen spitzt sich der Konflikt bei der Decksmaschinenfabrik Steen weiter zu. Nachdem der Betrieb von der Schweriner Treuhand-Maschinenfabrik „KGW“ gekauft worden ist, wurde der Belegschaft am Freitag mitgeteilt, daß die Elmshorner Firma mit ihren 65 Beschäftigten zum 1. Mai geschlossen werden soll.

Die Steen-Mitarbeiter bereiten sich nun auf einen Arbeitskampf vor: Sollte sich Steen heute weigern, mit der IG Metall einen Haustarifvertrag abzuschließen, indem auch eine Arbeitsplatzgarantie enthalten ist, droht die Eskalation. Betriebsrat Jens-Peter Lichte: „Wenn sie uns die Arbeitsplätze klauen, bringen wir unsere Schlafsäcke in den Betrieb.“ Im Klartext: Der Betrieb soll von der Belegschaft besetzt werden. Kai von Appen