piwik no script img

Rotlicht in der Ausländerbehörde

■ Schwere Beschhuldigungen gegen Wachdienst-Mitarbeiter / Arbeit, Geld und Vergünstigungen gegen Liebesdienste

/ Arbeit, Geld und Vergünstigungen gegen Liebesdienste

Mitarbeiter des Wachdienstes in der Hamburger Ausländerbehörde haben versucht, Osteuropäerinnen zur Prostitution zu nötigen. Dafür versprachen sie den Frauen Arbeit Geld und Vergünstigungen in der Ausländerbehörde. Das geht aus einer Eidesstattlichen Versicherung von Opfern hervor, die der taz vorliegt. Der Vize-Chef der Ausländerbehörde, Peter Dauer: „Der entsprechende Mitarbeiter ist ausgewechselt worden.“

Data Kabal* traut seinen Ohren nicht, als er zusammen mit seiner Ehefrau Vera Anfang März in der Ausländerbehörde von einem „Schwarzen Sheriff“ augesprochen wird. Der Armenier wird gefragt, ob er nicht die Frau neben sich verkaufen wolle. Kabal lehnt dieses Ansinnen empört ab, weist darauf hin, daß es sich um seine Ehefrau handele. Der Schwarze Sheriff, so heißt es in der Eidesstattlichen Erklärung weiter, habe dann folgendes Angebot gemacht: „Wenn Du willst, kann ich dir Arbeit verschaffen, du mußt mir lediglich Frauen beschaffen, dann wirst Du dafür jeweils von mir bezahlt.“

Kabal wendet sich entsetzt ab, doch wenig später taucht der uniformierte Mann erneut auf, drückt Data und Vera Kabal einen Zettel in die Hand. Darauf steht eine Adresse in der Eimsbüttler Heckscherstraße. Des weiteren habe der Mann, so Data Kabel, leise zu seiner Frau geflüstert: „Wenn du mitmachst, werdet ihr keine Schwierigkeiten mehr haben.“

Dieses Prozedere wurde offenkundig von zwei weiteren Sicherheitsbeamten beobachtet. Denn diese beiden — die Familie Kabal wartet noch immer auf ihre Abfertigung — traten dann nach einer halben Stunde erneut an Data Kabal heran. Dabei habe einer von ihnen gesagt: „Deutsche Frauen nicht gut. Aber russische und armenische Frauen gut!“ Beide hätten übers ganze Gesicht gegrinst, so daß ihre Absichten unverkennbar gewesen seien.

Tage später suchen die Kabals in Begleitung einer Freundin abermals die Ausländerbehörde auf. Der Schwarze Sheriff tritt abermals an die Familie heran und fragt, ob die Begleiterin die Schwester von Vera Kabal sei und ob sie verheiratet sei. Als dies bejaht wird, geht der Mann mit den Worten weg, daß er dies nicht glaube. In einem günstigen Moment — die Frau hatte sich von den Kabals entfernt — spricht der Mann die junge Frau direkt an. Data Kabal: „Der Schwarze Sheriff hat ihr unsittliche Anträge gemacht. Die Einzelheiten waren der Frau so unangenehm, daß sie darüber anschließend nicht reden wollte.“ Auch Data und Vera Kabal werden Tage später nochmals belästigt. Der Wächter zu Data Kabal: „Deine Frau hat einen schönen Körper, das wäre etwas für mich.“ Dabei formt er die Umrisse eines Frauenkörper und betont durch eine Handbewegung den Busen.

Anwalt Ernst Medecke hat inzwischen die Ausländerbehörde über die sexuelle Nötigung informiert und erwägt einen Strafantrag. In der Amsinckstraße nimmt man den Fall offensichtlich ernst. Peter Dauer: „Wir gehen der Sache nach. Die Wachfirma ist aufgefordert worden, umgehend zu dem Vorfall eine schriftliche Stellungnahme abzugeben.“ Denn es scheint sicher, daß mehrere Personen an dem Prostitutionsgeschäft beteiligt sind. Dauer: „Sowie noch eine weitere Eidestattliche Versicherung vorliegt, werden wir die Polizei einschalten.“ Kai von Appen

*Name geändert

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen