"Einen Ausweg gibt es nicht"

■ betr.: " Das Recht der Natur" von Franz Alt, taz vom 27.3.93

betr.: „Das Recht der Natur“ von Franz Alt, taz vom 27.3.93

[...] 1.Zu der nun wirklich nicht mehr originellen Forderung Alts nach einem „Recht der Natur“, fragte Otto Schily schon vor Jahren (Kommune 8/89) ironisch, „ob eine Mikrobe, die schließlich auch Teil der lebenden Natur ist, vor dem Pinneberger Amtsgericht ihr Recht auf freie Entfaltung ihrer Persönlichkeit einklagen kann oder nicht“. Mehr braucht man zu Alts Fortsetzung des Animismus mit juristischen Mitteln wohl kaum sagen.

2.Wenn ich solche ekelerregenden Begriffe wie „kollektive Psyche“ (NS-Freund C.G.Jung läßt grüßen) oder „ganzheitlich-ökologisch“ auch noch in der „linken“ taz lesen darf, wird mir ganz giftgrün vor Augen; sokratisch gefragt: Lieber Franz, was meinst Du damit? Die semantischen Nebelwerfer im Bonner Bundestag reichen mir schon völlig aus! [...] Martin Rath, Langenfeld/Rhld.

Kolumnen sollen eingefahrene Denkwege aufreißen – sicher. Damit ist aber kein Freibrief für Nonsens verknüpft. Wenn Franz Alt ein „Mit-Welt-Bewußtsein“ fordert, „das den Menschen endlich als Teil im ökologischen Ganzen versteht“, dann solle er auch bitte sagen, mit welchem Mittel die Erdbevölkerung von den derzeitigen sechs Milliarden auf geschätzte zehn Millionen reduziert werden soll, die die vormenschlichen Ökosysteme der Erde vielleicht ohne Störung verkraften konnten. Und er soll sagen, wo die fünf Milliarden 990 Millionen Leichen hin sollen – aus dem Ökosystem heraus, auf den Mond? Franz Schuhwerk, Regensburg

Die Haltung, die Herr Alt gegenüber der fortschreitenden Umweltzerstörung einnimmt, läßt den tieferen Kern der Problematik Mensch/Natur/Kultur leider außer acht. Sollte der Mensch je wieder in einer Balance mit der Natur leben, so wäre das eine für ihn sehr nachteilige Angelegenheit. Die Diktatur der Natur, wie sie bis zur Heraufkunft der Gattung Mensch herrschte, wäre diese nicht bereit anzuerkennen, solange sie es nicht muß. Wer nach allem, was sich der Mensch politisch und wirtschaftlich in seiner Geschichte an Widerlichkeit, Dummheit, Brutalität und Egoismus geleistet hat, noch immer an das Schöne/Wahre/Gute glauben machen will, der arbeitet denen zu, die an der Zerstörung bislang verdienten.

Hat Herr Alt denn noch nicht bemerkt, daß der Mensch noch nicht einmal marginale Probleme seines Zusammenlebens oder Belanglosigkeiten wie Glaubensfragen, Kulturbewußtsein oder Traditionen zu regeln weiß und sich lieber totschlagen läßt, als zu leben und leben zu lassen? Die Menschheit ist nichts als eine peinliche, lächerliche, dümmliche und gräßlich zerstörerische Phase in der Erdgeschichte, die es gar nicht verdient zu überleben. Und bis es soweit ist, mache sich jeder noch einen schönen Tag. Einen Ausweg gibt es nicht. [...] Thorsten Casmir, Griesheim

[...] Alt hat insofern recht, als er die Meinung vertritt, der notwendige Rechtsanspruch der Natur muß von unten durchgesetzt werden – von jedem einzelnen Menschen. Das verlangt ein anderes Denken gegenüber der Natur, vor allem aber gegenüber uns selbst und unserer „Modernität“ – das Wertedenken muß sich verändern. Das Anhäufen von materiellen Statussymbolen, das Konsumieren um des Konsums willen muß der gleichen kollektiven Ablehnung unterliegen, wie wir sie heute gegenüber materieller Armut zeigen. Das Dünkelhafte unserer Einstellungen zeigt sich daran, daß materielle Armut mit geistiger gleichgesetzt wird.[...] Renate Helling, Berlin