Museum oder Feuchtbiotop

■ Grothe-Museum auf ökologisch wertvollem Grund / Gutachten empfiehlt Umdenken

Der Traum vom Bremerhavener Museum für moderne Kunst könnte platzen. Und zwar wegen eines „oft sehr kleinräumigen Mosaiks unterschiedlichster Typen und Stadien ruderaler Vegetation“. Das fand nämlich das Bremer Institut „Plan-Netz“ heraus und schrieb es in ein vom Magistrat in Auftrag gegebenes Gutachten über den ökologischen Wert der alten Rickmers-Werft, auf dem in Bremerhaven das Grothe-Museum entstehen soll.

Innerhalb der sechs Jahre, in denen das Gelände jetzt brachliegt, hat es sich in eines der wertvollsten Biotope Norddeutschlands verwandelt. Unter den vergleichbaren Flächen im dicht besiedelten Bereich Bremerhavens liegt es bezüglich des Artenreichtums an erster Stelle: 172 Pflanzenarten konnten auf engstem Raum nachgewiesen werden.

Als besonders gefährdet erscheinen den Gutachtern die wärmeliebenden Gesellschaften von Pflanzen, wie sie im Bereich der alten Gleisanlagen wachsen. Originalton: „Die Rickmersbrache stellt zur Zeit die wertvollste innerstädtische Brachfläche in Bremerhaven dar. Die naturnahe Ufervegetation entlang der Geeste hat aufgrund ihrer Seltenheit eine hohe Wertigkeit. Es ist deswegen in seiner Grundstruktur zu erhalten.“

Das Museum nach der bisherigen Planung und der vorgesehene Park würden dieses Biotop unwiderruflich zerstören. Deshalb kommt das Gutachten zu dem Schluß: „Da eine Bebauung in der vorgesehenen Form eine wesentliche Beeinträchtigung von Natur und Landschaft bedeutet, sollte geprüft werden, ob für das Museumsgelände ein ganz anderer Standort in Frage kommt“. Notfalls solle man eben umdenken und den Grothe-Tempel in die Nähe des jetzt schon neu errichteten Arbeitsamtes plazieren.

Bislang wurden offensichtlich schon schwere Fehler vom Magistrat gemacht: „Festzustellen ist bereits im Vorfeld, daß die notwendige Sorgfaltspflicht bezüglich einer eingriffsmindernden Planung gemäß Baugesetzbuch bei dem vorliegenden Bauvorhaben nicht erfüllt wurde.“

Vom Magistrat war zu dem Gutachten bisher noch keine Stellungnahme zu erhalten. Deutlich wurde nur, daß sich jedoch kein Offizieller traute, zu dem brisanten Thema eine Erklärung abzugeben. Ein Dezernent zur taz: „Sie werden keinen finden, der hier den Kettenhund spielt. Ich will nicht der erste sein, der den Koffer öffnet.“ Insider gehen davon aus, daß der Magistrat das Gutachten zurückzieht und das Museum trotz der Bedenken unverändert gebaut wird.

Lutz G. Wetzel