Brüder zur Sonne, zur Heizung!

■ Pilotprojekt zur solaren Nahwärme in Arsten-Süd geplant

Von Schweden lernen heißt heizen lernen. Denn in den skandinavischen Ländern ist die Entwicklung von solaren Heizsystemen viel weiter als hierzulande. Das Bremer Energie-Institut (BEI) an der Universität Bremen hat sich deshalb für ein Pilotprojekt zur „solaren Nahwärme“ in Arsten-Süd die Mithilfe von dänischen, schwedischen (und Stuttgarter) Experten gesichert. Am vergangenen Wochenende war Erfahrungsaustausch an der Uni.

„Solare Nahwärme“ bedeutet ein weitaus effektiveres Anzapfen der Sonne als dies bisher geschieht. Nicht mehr die warme Dusche durch die Solarenergie, sondern das Beheizen eines ganzen Hauses steht auf der Tagesordnung. Solare Nahwärme bietet wesentlich mehr Möglichkeiten zum Energiesparen, denn während der gesamte Enegieverbrauch für Warmwasser bei nur zwei Prozent liege, ließen sich mit der flächendeckenden Einführung solarer Nahwärme etwa acht Prozent des Primärenergiehaushalts in Deutschland einsparen, so Karin Jahn vom BEI.

In Arsten-Süd plant die GEWOBA den Bau von 1.200 Wohneinheiten. Für 100 von diesen erstellt das BEI im Auftrag von Umwelt- und Wirtschaftssenatoren das Konzept für ein Pilotprojekt mit solarer Nahwärme. Auf den Dächern oder dem Boden sollen Sonnenkollektoren über fünfzig Prozent der benötigten Wärmeenergie erzeugen, für den Rest ist eine eigene Zusatzheizung geplant, da das solare System einen Anschluß an das Fernwärmenetz nicht verträgt. „Wir haben ja hier das Problem, daß wir viel Sonnenenergie haben, wenn wir sie nicht wirklich brauchen“, sagt Karin Jahn. Deshalb wird den Sommer über ein Wassertank per Sonnenenergie angeheizt, und im Dezember mit der Sonne vom Juli die Heizung betrieben. Ab 1.000 Kubikmeter Volumen wird ein solcher Speicher rentabel; je größer er ist, desto günstiger wird das Verhältnis von Inhalt und Oberfläche, desto geringer der Wärmeverlust. Pro Quadratmeter Wohnfläche rechnen die EnergiewissenschaftlerInnen mit 0,2 Quadratmeter Kollektorenfläche und 0,5 Kubikmeter Platz im Wasserspeicher, um etwa fünfzig Prozent der Wärmeenergie eines dreistöckigen Hauses decken zu können.

„Der erste Schritt zu Energiesparen ist immer noch das Isolieren der Häuser“, sagt Karin Jahn, auch sollten die Häuser nach Süden ausgerichtet sein. Mit der Wärmedämmung und den Kosten für die Solaranlage rechnet das BEI bei einer Einsparung des fossilen Enegieverbrauchs um 75 Prozent mit Kosten von etwa 4 Millionen Mark. Die GEWOBA allerdings kann kein zusätzliches Geld dafür ausgeben, meint Ullrich Höft von der Wohnunsbaugesellschaft. „Wir sind daran interessiert, aber es muß aus anderen Töpfen finanziert werden.“ Die Ausstattung der Niedrigenergiehäuser und die Einrichtung eines trotz Solarwärme vollständigen Heizsystems seien ein „teures Vergnügen.“ Das Geld soll aus Bremen, Bonn oder Brüssel kommen. Noch liegt der Bebauungsplan für Arsten-Süd in der Verwaltung, bis 1995 soll das Pilotprojekt stehen.

Die Herstellung von Sonnenkollektoren kostet in Deutschland pro Quadratmeter noch 550 Mark, sagt Karin Jahn, in Schweden, bei höheren Produktionszahlen, nur 350 Mark. Momentan ist fossile Energie einfach noch zu billig: “Erst wenn sich an den Energiepreisen etwas ändert, wenn die fossilen Brennstoffe mit den Kosten belastet werden, die sie verursachen, ist die Solarenegie auch auf lange Sicht wirklich konkurrenzfähig“. Bernhard Pötter