Julis vor entscheidender Kraftprobe

■ Auf die Jugendorganisation der FDP warten beim Landeskongreß harte Auseinandersetzungen/ Rechte Mitglieder versuchen, ihre Positionen zu halten/ Kontakte zum rechtsextremen FPÖ-Vorsitzenden Haider

Berlin. Hinter dem Etikett „Liberal“ kann sich vieles verbergen. Während sich die Bundes-FDP als Hüter rechtsstaatlicher Grundsätze aufspielt, weht in Teilen ihrer Jugendorganisation „Junge Liberale“ (Julis) ein gänzlich anderer Wind. Vorreiter eines streng nationalen Kurses spielten bis zum 25.November 1992 die Julis in Berlin. Erst als das Bundesschiedsgericht an diesem Tag dem rechten Berliner Landesverband in die Quere fuhr und die Wahl des 1991 gewählten rechtslastigen Landesvorstandes für nichtig erklärte, kehrte Ruhe ein. Vorläufig – denn trotz des Schiedsspruchs gaben und geben sich die Rechtsaußen- Vertreter in der Partei nicht geschlagen. Schließlich steht am 24. April ein Juli-Landeskongreß an, auf dem sich das linksliberale Oppositionsbündnis „Leo“ gute Chancen ausrechnet, eine Mehrheit im neuen Vorstand zu erhalten. Allen voran Ronald Gläser, Mitglied im amtsenthobenen Vorstand und neben dem Rechtsreferendar Markus Roscher als Kandidat der rechten Julis für den Posten des Landesvorsitzenden im Gespräch, versucht den Kurs an der Basis zu halten. Bei den Wahlen zu den Bezirksverbänden im Ostteil der Stadt tauchte Gläser mit eigens aus dem Westen herbeigeschafften Juli-Mitgliedern auf und ließ sie im Eiltempo in die Vorstände wählen. Intern wird dieses Verhalten schon mit dem Schlagwort „Eingreiftruppe Biehler“ betitelt – in Anlehnung an den jetzigen Vorsitzenden des Notvorstandes, Gernot Biehler. Der 31jährige, der sich selbst als einen Vertreter „national-liberaler Positionen“ bezeichnet und nach eigenem Bekunden „mit ziemlicher Sicherheit“ demnächst ins Auswärtige Amt nach Bonn wechseln wird, stand schon im amtsenthobenen Landesvorstand an der Juli-Spitze. Das Verhalten seines Parteifreundes Gläser blieb Biehler nicht unbekannt. Im Januar dieses Jahres wurde er vom Bundesschiedsgericht darauf aufmerksam gemacht, daß Gläser widerrechtlich im Namen des amtsenthobenen Vorstandes agiert.

Der Vorsitzende des Juli-Bundesschiedsgerichts, Thilo Klingbeil, verlangte von Biehler daraufhin, „daß das Schiedsurteil in allen Teilen eingehalten und beachtet wird“. Es könne nicht im Interesse des Verbandes sein, wenn das „Ansehen und die Durchsetzungskraft des Schiedsgerichts“ beschädigt werde. Ein „Ausrutscher“ sei dies gewesen, bedauert Biehler das Verhalten von Gläser gegenüber der taz. Daß Gläser versuche, die Ostbezirke unter seine Kontrolle zu bringen, hält Biehler „für übertrieben“. Er gesteht jedoch ein, daß Gläser „in seiner sehr eigenen Art“ zumindest bei den Wahlen in einem der Ostbezirke „sehr forsch aufgetreten“ und West-Julis für die Abstimmungen gleich mitgebracht habe.

Überregionale Kontakte

Die Rechten in der FDP-Jugendorganisation bemühen sich seit geraumer Zeit, Kontakte zu konservativen Zirkeln ihrer ostdeutschen Parteifreunde zu knüpfen. So nahm Biehler im Februar zusammen mit dem Tempelhofer FDP- Ortsvorsitzenden Klaus Gröbig als Gast bei der Gründung des rechtslastigen „Stresemann-Clubs“ in Dresden teil. Ein Kreis, in dem sich junge FDP-Mitglieder der Pflege „nationalliberaler Traditionen“ im Geist des ehemaligen Weimarer Außenministers Gustav Stresemann angenommen haben. Gröbig, einst wie Gläser im abgesetzten Landesvorstand der Julis, sieht darin „nichts Verwerfliches“. Ihm sei es beim Treffen der FDP-Oppositionellen darum gegangen, den jungen FDP-Mitgliedern im Osten „die Augen über die Kontakte von Julis zu FDJ-Größen vor der Wende in der DDR zu öffnen“, so der 36jährige gegenüber der taz. Nach wie vor steht Gröbig auch zum Verhalten des entmachteten Juli-Verbandes, der auf Veranstaltungen nicht nur unter der Preußenflagge tagte, sondern auch ein eigenes „Bundesland Preußen“ forderte. Es sei bei solchen Manifestationen stets darum gegangen, die liberalen Werte Preußens und nicht den „rasselnden Militarismus“ hochzuhalten. In diesem Sinne versteht er auch sein aktuelles Credo: „Im Zeichen der zunehmenden Korruption ist der Geist von Preußen eine wirkliche Alternative“. Während sich Männer wie Gröbig und Biehler gemäßigt geben, finden sich bei den Julis auch stadtbekannte Rechtsaußen. So Torsten Witt, der sich 1988 als Vorsitzender der „Berliner Jugendpresse“ (BJP) weigerte, von der rechtsextremistischen Zeitung Denk-Zettel Abstand zu nehmen. Witt, bis zum Urteil des Schiedsgerichts Vize im Landesvorstand der Julis, hält Kontakte zur rechtsextremen „Freiheitlichen Partei Österreichs“ (FPÖ). An den Parteivorsitzenden Jörg Haider schickte er im vergangenen Jahr umfangreiches Informationsmaterial über die Lage bei den Berliner Julis. Haider persönlich bedankte sich daraufhin am 3. Dezember für den „interessanten Brief“ bei Witt. Offensichtlich, so der österreichische Rechtspopulist, ergehe es den Julis in Berlin „genauso wie der FPÖ in Österreich, wo nichts unversucht gelassen wird, die Angehörigen unserer Interessengemeinschaft als rechtsextrem abzustempeln und sie auszugrenzen“. Severin Weiland