Frohe Botschaft

■ Ohne Neger, aber mit Vision: Die Rockoper „JFK“ in Münster

Ob es sich John Fitzgerald Kennedy je hätte träumen lassen, einmal von einem angehenden Postinspektor aus Wesel verkörpert zu werden? Karl-Georg („Steffi“) Stephan, Ex-Bassist bei Udo Lindenberg und Peter Maffay, macht es dennoch möglich.

Seit dem 30. März schlüpft der 22jährige niederrheinische Postler Thomas Harke Abend für Abend in die Rolle des vor knapp dreißig Jahren ermordeten US-Präsidenten. Ort der Handlung ist die „Jovel Music Hall“, Stephans Diskothek in Münster. „JFK – the rock opera“ heißt das Stück, Untertitel: „Where is the vision?“

Es war im Herbst 1991, als Stephan die Weltrechte für das brachliegende Werk der Briten Tim Hawkins (Text) und John Kelham (Musik) erwarb. Mangels Geld konnte er keine Stars engagieren und verpflichtete statt dessen bisher unbekannte junge Schauspieler und Laien aus aller Welt.

Immerhin gelang es ihm, als Mitproduzenten den Generalintendanten der städtischen Bühnen Münster, Achim Thorwald, zu gewinnen. „JFK“ soll bis zum 6. Mai im „Jovel“ laufen, danach hoffen die Organisatoren auf eine Tournee – für die aber noch Interessenten gefunden werden müssen.

Große Ambitionen hat der einst von dem Teeny-Magazin Pop- Rocky zum „besten Bassisten Deutschlands“ gekürte Stephan auch hinsichtlich der Message. „In einer Zeit, in der Visionen verlorengegangen scheinen“, soll das Stück Kennedys „frohe Botschaft“ von „Antirassismus, gleichen Rechten für alle und Demokratie ohne Waffengewalt neu aufleben lassen“, diktierte er Journalisten in die Blöcke. Neun Fernsehteams und diverse Hörfunk- und Zeitungsjournalisten hatte der Medienprofi zu Generalprobe und Premiere in seine westfälische Disco gelockt.

Auch die Kennedy-Witwe Jackie Onassis und US-Präsident Bill Clinton erhielten Einladungen zur „Weltpremiere“ in Münster. „Weil Sie in meinen Augen ein Hoffnungsträger sind, genau wie ihr Vorgänger John F. Kennedy, würde ich Sie, und natürlich Ihre hochgeschätzte Gattin, gerne zur Uraufführung einladen“, faxte Stephan ins Weiße Haus. Dort muß das Schreiben aber irgendwo zwischen Hilfsplänen für Ex-Jugoslawien und Katzenfutter für die „First Cat“ Socks verschüttgegangen sein.

Die Oper erzählt in knappen Szenen vor einer US-Flagge mit blinkenden Sternen und wechselnden Dias die 1.036 Amtstage des Präsidenten Kennedy. Wahlsieg, Kuba-Krise, Affäre mit Marilyn Monroe, „Ich bin ein Berliner“, Chruschtschows Schuh-Auftritt vor der UNO und Kennedys Ermordung werden von einem Conferencier geschichtslehrerhaft miteinander verkittet. Für 45 Mark Eintritt gibt es fast drei Stunden Sounds und Bilder aus goldenen Sixties-Tagen – und für einige Mark dazu auch noch die CD zur Oper.

Genau das Richtige für in die Jahre gekommene Rocker wie Udo Lindenberg, der nach der Premiere zu Stephan nuschelte: „Hey Alter, das hat mich angebockt! Wenn du dafür mal deutsche Texte brauchst...“ Begeisterung auch bei Ex-Schlagersänger Michael „Mendocino“ Holm – was natürlich seinen Grund hat.

Der Münchner gehört – neben einem Zusammenschluß deutscher Schnapsbrennereien (Slogan: „JFK – Jovel For Korn“) – zu den Finanziers der Oper. Nach dem Genuß extra kreierter JFK- Korn-Longdrinks schwärmte Holm von einer „ehrlichen, erdigen Inszenierung“, in der nicht, wie in „abgedrehten Großstadttheatern“ üblich, ein „nackerter Neger“ als JFK aufgetreten sei. Prost! Thomas Dreger