Erfolglose Panzerjagd

■ Landtagsausschuß soll spektakulären Schwalmstädter Ausbruch untersuchen

Wiesbaden (taz) – Im Hessischen Landtag sortierten gestern Obleute von Rechts- und Justizausschuß unter Ausschluß der Öffentlichkeit die seit Sonntagvormittag ebenso offenen wie rätselhaften Fragen: Wie stiehlt man der Bundeswehr unbemerkt einen Radpanzer, Marke „Fuchs“, fährt damit direkt durch das geschlossene Gefängnistor der Haftanstalt Schwalmstadt und anschließend mit dem 52jährigen Lothar Luft an Bord auf und davon? Der Name des wegen Mordes an Frau, Freundin und Schwiegermutter 1986 zu lebenslänglicher Haft verurteilten Flüchtlings gab schon vor der Sitzung Anlaß zu eher alberner Wortspielerei. Die Erkenntnis, daß es für die Panzerdiebe, die das Gerät am Sonntagmorgen in der Herrenwald-Kaserne in Stadtallendorf unbemerkt entwendet hatten, nur eines Bolzenschneiders für den Zaun und die Sicherungskette und eines Schraubenziehers zum Kurzschließen bedurft hatte, war immerhin Anlaß zum Kopfschütteln. „Es scheint“, sinnierte der Fraktionsvorsitzende der Grünen, Rupert von Plottnitz, „leichter zu sein, einen Panzer zu stehlen als ein Auto zu mieten.“

Daß der 18 Tonnen schwere Panzerspähwagen, weder unauffällig noch mit 90 Kilometern Höchstgeschwindigkeit besonders schnell, bei der Verfolgung von der Polizei aus den Augen verloren wurde, fand schließlich auch seine Erklärung. Die Täter steuerten das Gerät einfach querfeldein über die Äcker. Dem waren die Polizeifahrzeuge, die den deutlichst sichtbaren Spuren folgten, nicht gewachsen. Sie blieben stecken. Hubschrauber hatten das Fahrzeug, das eine Strecke von 25 Kilometern zurücklegte, später in der Nähe der Autobahn bei Alsfeld wiederentdeckt.

Wer nun die Verantwortung für die drehbuchreife Flucht des Lothar Luft trägt, war gestern nicht zu klären. Wie auch bei dem Sprenstoffanschlag auf den Gefängnisneubau in Weiterstadt vor zwei Wochen überschneiden sich die Kompetenzen. Jedoch sei es, jenseits möglicher Sicherheitsmängel, so Experten, kaum möglich, „Gefängnisse gegen militärische Angriffe abzusichern“. Die Landesregierung ordnete trotzdem eine verstärkte Bewachung aller hessischen Gefängnisse an.

Anfängliche Vermutungen, daß Lothar Luft nur zufälliger Nutznießer der Befreiungsaktion war, haben sich indes nicht bestätigt. Die hessische Polizei ist inzwischen ganz sicher, daß er regelrecht „abgeholt“ wurde. hei