Den Rahmen der Tradition sprengen

■ Resumee und Ausblick von Wulf Köpke zu seinem ersten Jahr als Direktor des Völkerkundemuseums / 150 000 Besucher trotz Umbau des Gebäudes bestätigen neues Konzept / Anbau hat...

zu seinem ersten Jahr als Direktor des Völkerkundemuseums

150 000 Besucher trotz Umbau des Gebäudes bestätigen neues Konzept / Anbau hat wieder Chancen

Höchstwahrscheinlich bis zum Jahr 2000 wird im Völkerkundemuseum noch umgebaut, Asbest-entgiftet und modernisiert. Doch durch die dadurch entstehenden Beeinträchtigungen des Museumsbetriebes sieht sich Museumsdirektor Wulf Köpke keineswegs in seinem Engagement gestört. „Man kann auch Provisorien spannend gestalten“ ist sein Credo nach seinem ersten Jahr an der Rothenbaumchaussee. Bei einem Pressegespräch am Mittwoch morgen legte er noch einmal seinen ganzheitlichen Museumsansatz dar: „Wir stellen uns Aufgaben, die das traditionelle Völkerkundemuseum nicht hatte, denn wir versuchen unser Konzept mit lebendigen Menschen zu machen.“ Mit unzähligen Veranstaltungen zu einzelnen Völkern, bei denen Köpke auch immer die in Hamburg lebenden Marokkaner, Polen, Portugiesen, Japaner, Türken und so fort einbezogen hat, setzt er einen deutlichen Schwerpunkt. Dabei umreißt er „unser geistiges Einzugsgebiet“ vom Handwerksbetrieb im Viertel bis zu lokalen Geschichten aus der Mongolei.

Ein „einladendes Museum“, dem trotzdem die ethnologische Tiefe nicht fehlt, das Zvilisationskritik mit sinnlichen Genüssen verbindet, das sich darauf konzentriert, „was die Leute bewegt“ und das deswegen Erfolg hat, wünscht sich Köpke. 150 000 Besucher im letzten Jahr scheinen diesen neuen Ansatz bereits angenommen zu haben. 300 000 Besucher hält Köpke für das realistische Potential. Der Besucher soll in Zukunft genauso die Instrumente eines Gamelanorchesters wie Essen und Düfte anderer Länder genießen können, ein Mediationsraum steht ihm dann ebenso zur Verfügung wie mehr kompetentes Personal. Permanente Ausstellung und laufend wechselnde Sonderausstellung (auf 1000 qm) erwarten ihn auch schon während der Umbauphase.

In dieser soll der massige Bau Schritt für Schritt ein mobiles und flexibles Innenleben bekommen. Jedes Jahr wird ein Saal modernisiert, 1998 wird dann der Innenhof mit Glas überdacht, um dort eine Bootsausstellung zu installieren. Im ersten Stock soll ein Rundgang geschaffen werden und die Magazine werden teilweise zugänglich gemacht. Auch über den achtzig Jahre alten Plan eines Anbaus für Magazine wird wieder nachgedacht. Immerhin scheint es laut Köpke sicher, daß hinter dem Museum keine Wohnhäuser mehr gebaut werden. Wenn er 50 Millionen Sponsoren- und Haushaltsmittel zusammenbekommt, scheint der Traum von einem dringend notwendigen Anbau wieder in realisierbare Nähe zu rücken.

Die nächsten Ausstellungen befassen sich mit den Turkmenen (ab 18. Juni) und Amerika (im Herbst). tlb