Weil's jeden Tag so weitergeht ...

■ ... gibt's jeden Tag die taz / Heute beginnen wir mit einer neuen Kampagne zur Abowerbung. Im Mittelpunkt: taz-Kettenbrief Nr.3, der heute der Zeitung beiliegt

Beim letzten Mal klang unser Ruf eher trotzig, wie ein Aufbäumen vor dem drohenden Untergang. „5.000 Rettungsabos für die taz, sonst ist am Jahresende Schluß“, haben wir Freundinnen, Freunde, Konkurrenten und Feinde im letzten Herbst gewarnt. Das Ergebnis ist bekannt. Unser Kettenbrief weckte alle schlummernden Sympathien, von Lieblingsfreund Günter Wallraff bis Lieblingsfeind Bild (in deren Klatschkolumne das taz-Rettungsabo als „in“ notiert wurde). Die Abokurve schnellte um, sage und schreibe, über 10.000 in die Höhe.

Aber: Es gibt die taz auch in Zukunft nicht automatisch und selbstverständlich. Ihre Existenz muß immer immer wieder von den tazlerInnen erkämpft und von den LeserInnen gesichert werden. Ein Beispiel: Im letzten Winter mußten wir uns heftigst gegen den „Postraub“ wehren, mit dem das große gelbe Unternehmen sich gerade bei den kleinen Zeitungen bedienen wollte. Immerhin, öffentlicher Druck und (wir verschweigen es nicht) Lobbyhilfe der CSU für die Zeitungen auf dem oberbayerischen Land ergaben, daß von 40 Prozent geplanter Preiserhöhung für die taz nur noch 16 Prozent übrigblieben. In absoluten Zahlen kostet uns das immer noch 350.000 DM in diesem Jahr – gut ein Drittel des kleinen Polsters, das uns die Rettungskampagne im Herbst beschert hatte. Und weiter geht's mit sinkenden Berlin-Subventionen (deretwegen die taz einst in die Mauerstadt zog), mit der Aussicht auf eine kostenträchtige „Altpapierverordnung“ aus dem Hause Töpfer und mit steigenden Ausgaben für Trägerdienste.

Derzeit schreibt die taz keine roten Zahlen – aber auch keine schwarzen. Wir leben also von der Hand in den Mund, einen Rückgang der Auflage können wir uns nicht leisten. Noch beliefern wir fast 45.000 zahlende AbonnentInnen, das liegt nur knapp unter dem Rekord zum Ende der Kettenbriefkampagne. Und wie nicht anders zu erwarten, sind nicht wenige unserer RettungsabonnentInnen früher Kioskkäufer gewesen: Der Einzelverkauf der taz ist also – Erfolg des Kettenbriefs – etwas zurückgegangen.

Und wer mehr Abos hat, bekommt auch mehr Kündigungen: Im Moment liegt die Zahl derer, deren Abos demnächst auslaufen werden, Woche für Woche um runde 100 über der Zahl der Neubestellungen. Wir wissen, daß das mit unseren Schwächen zusammenhängt: als kleine Zeitung können wir zwar an Originalität, aber nicht an Umfang mit unseren überregionalen oder lokalen Konkurrenten mithalten.

Grund genug, wieder einmal unseren FreundInnen zu sagen: Da hinter uns kein potenter Verlag steht, der mal eben die Verluste ausgleicht (bei Springers Welt sind es jährlich über 40 Millionen), schwebt die taz zwar nicht mehr wie im letzten Sommer über dem Abgrund, balanciert aber weiter am Rande desselben.

Wann kommt die taz aus den Kinderschuhen, wann geht's ihr „endlich nicht mehr schlecht?“, hören wir die ungeduldigeren unserer LeserInnen raunen. Die Antwort ist einfach: Wenn es sie nicht mehr gibt. Denn das, was manche für unsere Kinderschuhe halten, sind die Grundbedingungen der taz-Existenz: mit der Auflage einer kleineren Lokalzeitung und einem Bruchteil von deren Anzeigeneinnahmen das Niveau einer exklusiven überregionalen Zeitung zu halten. Wir leisten uns das, auch ohne finanzielles Polster, weil die Zeitläufe uns und unsere Leserschaft herausfordern: vom Mainstream, der auf eine große Koalition zielt, bis zu den (immer noch mageren) Alternativen der Linken zu Rechtstrend, Fremdenfeindlichkeit und der Verdrängung des Nord-Süd-Konflikts. Auf Dauer aber kann die taz darauf nur angemessen reagieren, wenn es auch die engagierten LeserInnen dafür gibt. Eine gute taz braucht 50.000 Abos. Also los. Michael Rediske