■ Das Portrait
: Der Osterhase

Foto: Kranefuß/Voller Ernst

Wie genau er auf uns gekommen, wissen wir nicht. Amtlich bezeugt ist das Auftreten eines Osterhasen erstmalig am 28.7.1758, als ein Protokoll verzeichnet, ein vom Förster in Gefangenschaft gehaltener Hase habe Eier gelegt, welche angeblich im Naturalienschrein des kleinen Städtchens Ansbach an der Rezat noch zu besichtigen sind. Durchgesetzt haben ihn Bürgersleut' aus protestantischen Gebieten, auf dem Land angekommen ist er überhaupt erst 1932.

Daß der Hase später auftaucht als die Eier, die er der Christenheit so hübsch ins Osternest legt, hängt damit zusammen, daß die Lutheraner die Herkunft des plötzlichen Eieranfalls verschleiern wollten, und also begannen, die Eier zu verstecken. Jener Eieranfall nämlich war die unvermeidbare Folge katholischer Fastenvorschriften und der Färbung der Eier in der Eierweihe. Da konnten und wollten die Protestanten nicht mit, denn für sie gehört das Fasten zu den eitlen Werken, von der Eierweihe erst gar nicht zu reden. Warum gerade ein Hase zum Lieferanten erklärt wurde? Möglicherweise hängt es mit Überlieferungen wie dem Dreihasenbild zusammen, auf dem drei im Kreis laufende Häseken die Löffel so zusammenstellen, daß sie ein Dreieck bilden, welches wiederum von willigen Interpreten zum Symbol der Trinität gedeutelt wurde.

Wenn man jedoch ein bißchen an der Schokohülle kratzt, die den Hasen heutzutage so saccharin in Schach hält, kommt natürlich prompt wieder eine archaische Schlüpfrigkeit zutage. Das „Oster“ in seinem Namen ist geborgt von der germanischen Frühlingsgöttin Ostara. Der Hase wurde der Liebesgöttin Aphrodite geopfert, weshalb später die Kirche den Genuß von Hasenfleisch, Symbol animalischer Fruchtbarkeit, verbot. Lange Zeit hielten sich dennoch Bräuche, die den aphroditischen Ursprung der Chose nicht leugnen können: Spaziergang der Liebenden und Freunde zum Brunnen, Vertreibung von Ungeziefer, indem in der Osternacht vier nackte Mädchen das Haus mit Schlägen erschüttern, Laib- und Fladenbrote in Form von Fruchtbarkeitssymbolen, „phallisches und Spaltgebäck“ wurden kredenzt. Sogar den Priestern war es gestattet, die Gemeinde mit lustigen Märlein und Ostergelächter (risus paschalis) zu unterhalten. Mariam Niroumand