Autowerker vertrauen Greenpeace

■ Bremer Uni präsentiert Studie über Verhältnis von Autobauern zu Verkehr und Umwelt

Mit grünem Gewissen aufs Gaspedal

Bremer Studie über Verhältnis von Autobauern zu Verkehr und Umwelt

Denn sie wissen, was sie tun: wer heutzutage in einer der großen deutschen Autoschmieden arbeitet, kennt die aktuellen ökologischen Probleme und weiß auch um den Zusammenhang zwischen Autoproduktion, Verkehrsinfarkt und Umweltmisere. Die ArbeiterInnen stimmen einer aktiven Umweltpolitik zu, für deren Umsetzung fehlt aber oft die Rahmenbedingungen oder die persönliche Konsequenz. Das sind die grundlegenden Ergebnisse der repräsentativen Studie „Gasgeben? Bremsen? Umsteuern?“ zur Einstellung von AutowerkerInnen zu Verkehr und Umwelt, die Hellmuth Lange, Professor am Forschungszentrum Arbeit und Technik der Universität Bremen, für die Hans-Böckler-Stiftung erstellt hat.

Fast drei Viertel der 900 Befragten halten den Zustand der Umwelt für sehr bedenklich, über 80 Prozent geben dafür dem Autoverkehr eine Mitschuld. Zwei Drittel geben an, aus ökologischen Gründen die Blechkiste ab und zu stehen zu lassen. Widersprüchlich wird das Bild, wenn 95 Prozent der Arbeiter umweltfreundliche Autos fordern, aber nur 20 Prozent die Wagen bei 130 Stundenkilometern drosseln wollen. „Man sollte aber nicht von „Mantaismus“ fantasieren, sondern sehen, daß es für die Hälfte der Arbeiter keine ernstzunehmende Alternative zum eigenen Auto gibt“, meint Lange. Besonders für die Fahrt zur Arbeit und zum Einkaufen sind die Angebote des öffentlichen Nahverkehrs schlecht oder existierten überhaupt nicht. Mehr als die Hälfte der AutobenutzerInnen kommt in Fahrgemeinschaften zum Werkstor.

Zwar sind die Autowerker sensibler für die Diskussion um die Umweltschäden durch ihr Produkt als ebenfalls befragte Stahlwerker, doch wenn es um Tempolimits geht, sind die Autobauer „erkennbar autofixierter“. Für die Lösung der Umweltprobleme fordern sie nach Langes Ansicht „keine Opfer, sondern sozialverträgliche Alternativen.“ Und die Kompetenz dafür trauen sie am ehesten Greenpeace, dem BUND und den Grünen zu.

Ein geschärftes grünes Gewissen und daraus resultierendes Verhalten fallen allerdings oft auseinander. Bei den befragten Gewerkschaftsvertrauensleuten der Bremer Stahlhütte Klöckner ergab die Studie einerseits ein hohes Maß an ökologischer Sensibilisierung, andererseits die Ablehnung eines Tempolimits: „Die Vermutung liegt nahe: ökologische Besorgnis erklären, aber heimlich aufs Gaspedal treten,“ meint Lange. Ohne Öko-Wissen sei man heute einerseits nicht mehr kompetent, doch Zeit und Mobilität seien andererseits so wichtig, daß es zu dieser Differenz komme.

Verhaltensänderungen erfordern nach Langes Ansicht vier Voraussetzungen: ökologische Sensibilisierung, praktische Alternativen zum Auto, praktische Anstöße, um die eingefahrene Routine zu verlassen und verstärkte Kommunikation unter denen, die an Veränderungen arbeiten. Eine große Abneigung der werktätigen Klasse fand die Studie gegen höhere Benzinpreise oder administrativ angeordnete Beschränkungen des Verkehrs Dann doch lieber den großen Gleichmacher, den „demokratischen“ Stau.

Bernhard Pötter