Singles und WGs auf der grünen Wiese

■ Berliner Architekt gewinnt Bauwettbewerb für Buch / 1.000 neue Wohnungen sind geplant / Baubeginn ist für Herbst 1994 vorgesehen / Baustadträtin übt Kritik an Terminplanung und Verkehrsproblemen

Berlin. In Nachbarschaft zur Plattensiedlung Buch im Bezirk Pankow sollen ab 1994 rund 1.000 neue Wohnungen entstehen. Das Bauvorhaben bildet den ersten Bauabschnitt des Stadtentwicklungsprojekts im Nordosten Berlins, für das in den kommenden Jahren 6.000 bis 7.000 neue Wohnungen geplant sind. Die erste Bauphase wird nach den Plänen des Berliner Architekten Günter Grossmann realisiert werden. Grossmann konnte den städtebaulichen Wettbewerb, an dem sich 67 Architekten beteiligten, für sich entscheiden. Seine Arbeit stelle „eine umfassende Auseinandersetzung mit dem Thema des variablen und flexiblen Wohnungsangebots dar“, sagte der Juryvorsitzende Eckhard Feddersen gestern bei der Vorstellung des Projekts.

Die fünfgeschossigen Wohnzeilen nördlich der Autobahntrasse Berliner Ring „bieten den unterschiedlichsten Wohnansprüchen Raum – von der Wohngemeinschaft bis zur Ein-Zimmer-Wohnung“, betonte Feddersen. Hinzu komme, daß sich die geplanten Neubauten mit der vorhandenen Plattensiedlung „verbinden und nicht in Konfrontation zu diesen treten“. Zugleich, so Feddersen, schreibe der Entwurf das Hoffmannsche Baukonzept der nahen Heilstätten aus der Jahrhundertwende fort. Zwischen den Wohnzeilen liegt ein öffentlicher Platz, den eine Kindertagesstätte und ein Gebäude für Senioren abschließen.

Das Bauprogramm in Buch hat zum Ziel, im Nordosten Berlins neue Stadtteile als Erweiterung der alten Ortskerne anzusiedeln. Die Einwohnerzahl in Buch, erklärte Bausenator Wolfgang Nagel, „soll innerhalb einer relativ kurzen Zeit um 100 Prozent auf dann 35.000 Einwohner anwachsen“. Für die zukünftige Entwicklung Buchs sei zu verfolgen, daß zusätzlich zur Schaffung von Wohnungen „ein lebendiges Gemeinwesen“ herausgebildet werden müsse. Den ansässigen und neuen Bewohnern sollten vielfältige soziale, kulturelle und ökonomische Dienstleistungen angeboten werden. Nagel: „In Buch wird ein selbständiger Stadtteil entstehen, der sich aus unverwechselbaren Einzelquartieren zusammensetzt. Ihr Charakter wird sich deutlich von der Tristesse herkömmlicher Plattenbauten abheben.“

Baubeginn für das rund 400 Millionen Mark teure Projekt wird laut Nagel Herbst 1994 sein. Mit dem Einzug der Mieter könne Ende 1995 gerechnet werden. Bauherren des „vorwiegend“ im sozialen Wohnungsbau errichteten Programms sind die Wohnungsbaugesellschaft Pankow sowie die Wohnungsbaugenossenschaften Wittenau und Wilhelmsruh.

Skepsis gegenüber den Terminvorstellungen Nagels äußerte Pankows Baustadträtin Claudia Nier (parteilos), gibt es doch noch grundstücksrechtliche Probleme. Gleichzeitig wies sie auf die vorhandenen Defizite im Bezirk hin. Die verkehrlichen Probleme und Schwierigkeiten im Dienstleistungssektor müßten ebenfalls angegegangen werden, sagte Nier.

Kritik übte auch das Preisgericht an den fehlenden öffentlichen Funktionen. Zugleich soll der bauliche Abschluß zur Autobahn überprüft werden. Der Offenheit des Geländes und der südliche Abschluß des Angers müsse durch ein Gebäude „akzentuiert“ werden. Rolf Lautenschläger