Bund berät Somalia-Einsatz

■ SPD kündigt Verfassungsklage an

Bonn (taz) – Dem Regierungssprecher war nur zu entlocken, daß das Schreiben des UNO-Generalsekretärs am Dienstag abend eingegangen ist. Ansonsten verschanzte sich die Bundesregierung gestern hinter der Formel: „Das Anliegen wird geprüft.“

Eine erste Ressortbesprechung beschäftigte sich gestern im Auswärtigen Amt mit dem Wunsch der UNO, 1.500 deutsche Soldaten nach Somalia zu schicken, eine Entscheidung steht aus. Offen blieb gestern auch, ob das Kabinett in der nächsten Woche bereits darüber beschließen wird. Der Sprecher des Außenministeriums verriet lediglich, daß es darum gehe, daß die Bundesrepublik sich auf Grundlage der Sicherheitsratsresolution 814 vom 26. März 1993 an der UNO-Aktion in Somalia (UNOSOM II) beteiligen solle. Es handle sich nicht „um eine präzise Wunschliste“. Die Vorschläge seien jedoch auf der „Linie dessen, was die Bundesregierung ihrerseits im Dezember“ angeboten habe.

Bedenken gegen einen möglichen Einsatz wurden gestern bereits aus der FDP laut (siehe Seite 1). Günter Verheugen, Parlamentarischer Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, forderte die Bundesregierung auf, vor einer abschließenden Entscheidung über den Awacs-Streit durch das Verfassungsgericht keine weiteren Bundeswehreinsätze anzuordnen. „Sollte die Bundesregierung diese Regel nicht befolgen und den Somalia-Einsatz anordnen, wird die SPD erneut prüfen müssen, mit welchen Mitteln sie gegen eine solche Entscheidung vorgeht.“ Verfassungsklage kündigte auch der SPD-Wehrexperte Walter Kolbow an, falls die Bundeswehr ohne Parlamentszustimmung losgeschickt würde. Gegen einen so beschlossenen humanitären Einsatz gäbe es keine Einwände, wenn in Somalia ein formeller Waffenstillstand bestehe und die Zustimmung der Konfliktparteien vorläge.

Auch die Diskussion um Awacs- und andere Einsätze im ehemaligen Jugoslawien hielt an. Kanzleramtsminister Friedrich Bohl hatte die Forderungen nach weitergehenden Kampfeinsätzen aus der CDU/CSU-Fraktion gerade zurückgewiesen, da sattelte Peter Kurt Würzbach (CDU) noch eins drauf. Auch ihm reicht die Awacs-Überwachung „nicht im Geringsten“ aus. Der CDU-Wehrexperte und abrüstungspolitische Sprecher der Fraktion verlangt – unter Beteiligung der Bundeswehr – Luftangriffe auf serbische Stellungen wie Flughäfen und Depots.

Das Bundesverfassungericht wies gestern ausdrücklich darauf hin, daß es mit dem Awacs-Beschluß nur eine vorläufige Entscheidung getroffen habe. Vor einem „Wildwuchs“ auf der Hardthöhe warnte Willy Wimmer (CDU), der als ehemaliger Staatssekretär im Verteidigungsministerium einschlägige Erfahrungen gesammelt haben dürfte. Er beobachte beim Militär einen „schleichend schnellen Prozeß“, sagte Wimmer, der darin bestehe, „nach dem Ende des Ost-West-Konflikts eine hohe multinationale Integrationsdichte herzustellen, um aus der nationalen Entscheidungsgewalt herauszukommen.“ Er habe den Eindruck, manch ein Heeresgeneral könne es nicht erwarten, daß der erste deutsche Soldat im Zinksarg nach Hause komme. Tissy Bruns