Französisches Plutonium nach Tomsk geliefert

■ IAEA nach Sibirien aufgebrochen

Paris (AFP/dpa) – Ein Expertenteam der Internationalen Atomenergiebehörde in Wien (IAEA) ist gestern nach Sibirien aufgebrochen, um sich über die Explosion in der Plutoniumfabrik Tomsk-7 zu informieren. Zahlreiche Fragen sind völlig ungeklärt, und am Dienstag abend haben die französischen Grünen in Paris für eine weitere Überraschung gesorgt. Ihren Informationen zufolge hat die staatliche französische Atomgesellschaft Cogema jährlich 300 bis 400 Tonnen wiederaufbereitetes Uran zur Anreicherung nach Tomsk geliefert. Die Grünen berufen sich auf Unterlagen des russischen Atomenergieministeriums, die im Januar im Moskauer Parlament bei einer Debatte über Auslandsverträge der einstigen Sowjetunion vorgelegt worden seien.

Die Cogema mochte die russischen Akten nicht kommentieren, versicherte aber den Grünen, sie habe insbesondere „über das endgültige Lieferziel des Plutoniums“ nichts gewußt. Plutonium ist in der Regel in wiederaufbereitetem Uran aus abgebrannten Brennstäben enthalten. Nach russischen Angaben ist die Atomfracht aus Frankreich in die militärische Anlage von Tomsk-7 verbracht worden, in der seit Mitte der fünfziger Jahre Plutonium für die sowjetischen Atomwaffen angereichert wurde.

Die russischen Behörden versichern, daß diese militärische Produktion inzwischen eingestellt worden sei. Nach Informationen der Umweltschutzorganisation Greenpeace sind jedoch in Tomsk-7 nach wie vor zwei der ehemals fünf Atomreaktoren in Betrieb, die speziell zur Gewinnung von Plutonium ausgelegt sind.

Der russische Atomminister will heute in einer Pressekonferenz eine Bilanz des Unfalls vom letzten Dienstag ziehen. Nach bisherigen offiziellen Angaben sind bei der Explosion 250 Kubikmeter radioaktiven Gases „entwichen“. In dem völlig zerstörten Lagertank sollen sich 20 Kubikmeter „Uranlösung“ und 500 Gramm Plutonium befunden haben. nh