Trauer und Gewalt in Südafrikas Städten

■ ANC-Aufruf zur Zurückhaltung wurde dennoch von den meisten Schwarzen befolgt

Johannesburg/Kapstadt (taz/dpa) – Zu rund 90 Prozent wurde gestern in Südafrika der eintägige Generalstreik schwarzer Arbeiter zum Gedenken an den ermordeten KP-Chef Chris Hani befolgt. Während der Ausstand die Wirtschaftsmetropolen lahmlegte, arteten die Trauerkundgebungen in mehreren Städten in blutige Szenen aus. Die Polizei feuerte auf Demonstranten, Randalierer zogen plündernd durch die Straßen.

Der ANC hatte zu friedlichen Kundgebungen aufgerufen, was von den meisten Teilnehmern auch befolgt wurde. Die Schwarzenorganisation teilte gestern nachmittag mit, in der Schwarzensiedlung Soweto bei Johannesburg seien vier Menschen von Polizisten erschossen und mehr als hundert andere verwundet worden. Augenzeugen berichteten, Tausende von Schwarzen seien nach einer Kundgebung mit ANC-Präsident Nelson Mandela vor eine Polizeistation gezogen. Polizisten hätten daraufhin mit Tränengas, Gummipatronen und Schrot in die Menge gefeuert.

Auch in Kapstadt, in Durban am Indischen Ozean und in Pietermaritzburg, der Hauptstadt der Ost-Provinz Natal, kam es zu schweren Auseinandersetzungen. Etwa 1.000 Menschen lösten sich in Kapstadt von einem organisierten Protestmarsch, plünderten Geschäfte in der Innenstadt, setzten Telefonzellen, Autos und Müll in Brand und bewarfen Einsatzwagen der Polizei mit Steinen und Flaschen. Mindestens drei Menschen wurden durch Schüsse verletzt. Der anglikanische Erzbischof von Kapstadt forderte die Regierung in einem Gedenkgottesdienst auf, rasch einen Termin für die ersten freien Wahlen für alle zu nennen.

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