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FCKW: Die Goliaths tauen auf

■ Noch im vergangenen Sommer stellte die Branche auf stur: Auf keinen Fall könnte sie vor 1995 FCKW-freie Kühlschränke anbieten / Zehn Monate später sind sie bereits im Handel

FCKW: Die Goliaths tauen auf Noch im vergangenen Sommer stellte die Branche auf stur: Auf keinen Fall könnte sie vor 1995 FCKW-freie Kühlschränke anbieten / Zehn Monate später sind sie bereits im Handel

„Mit Hängen und Würgen“ sei der von Umweltminister Klaus Töpfer vorgegebene Termin gerade mal zu schaffen, sagte Dr. Horst Heinrich, Entwicklungsleiter bei Liebherr, dem ÖKO- TEST-Magazin vor knapp einem Jahr. Ein FCKW-freier Kühl- oder Gefrierschrank vor dem offiziellen Ausstiegsjahr 1995? Nicht machbar, so die Goliaths.

Da trat David auf den Plan: Die kleine ostdeutsche Firma dkk- Scharfenstein produzierte für Greenpeace zehn Vorzeige-Kühlschränke ohne FCKW. Die Dämmplatten, normalerweise aus FCKW- geschäumtem Polyurethan, wurden ganz einfach durch Styropor ersetzt. Beim Kältemittel erwies sich statt FCKW eine Propan-Butan-Mischung als durchaus tauglich. Eine explosive Mixtur sei das, krittelten die westdeutschen Goliaths prompt und versuchten die Firma dkk- Scharfenstein, die heute den Namen Foron trägt, madig zu machen. Dazu behaupten sie, das Gerät sei ein Stromfresser. Mit einer halben Kilowattstunde pro 100 Liter Nutzvolumen und 24 Stunden ist der kalte Schrank zwar tatsächlich kein Super-Energiesparer. Doch auch Kühlschränke, die noch mit FCKW betrieben werden, sind manchmal wahre Stromschlucker.

Da Verbraucher großes Interesse an dem dkk-Kühlschrank zeigten, zogen die großen Anbieter mit eigenen FCKW-freien Geräten nach. ÖKO-TEST prüfte alle 16 erhältlichen „ozonfreundlichen“ Modelle. Sieben sind „empfehlenswert“, denn ihr Beitrag zum Treibhauseffekt, umgerechnet auf Kohlendioxid (CO2), ist gering. Neun Geräte kann das Magazin nur eingeschränkt empfehlen, ihr Treibhauspotential ist größer als bei den

1empfehlenswerten Varianten.

Beim Kauf einer Alternative lohnt sich genaues Hinsehen. Hersteller von „ozonfreundlichen“ Kühlschränken haben sich für das Kältemittel Fluorkohlenwasserstoff (FKW) R 134a entschieden. R 134a ist aber kein unumstrittener Stoff. Es schädigt zwar nicht die Ozonschicht und trägt auch neunmal weniger zum Treibhauseffekt bei als die bisher üblichen FCKW. Doch im Vergleich zu Kohlendioxid, Pentan oder Propan und Butan schneidet R 134a schlecht ab: Es heizt die Atmosphäre 1200mal stärker auf.

Die Hersteller, die trotzdem R 134a benutzen, begründen dies mit dem niedrigeren Energieverbrauch der Geräte. Wenn der Kühlschrank über seine Lebens-

1dauer von 15 Jahren wenig Strom verbrauche und damit auch Kohlendioxid spare, mache dies den Einsatz von R 134a längst wieder wett. Eine Gleichung, die Raum für Interpretationen läßt: Greenpeace vergleicht R 134a mit Kohlendioxid über einen Zeithorizont von 20 Jahren, AEG dagegen rechnet mit 500 Jahren. Je nachdem, welche Grundlage herangezogen wird, schneidet der Stoff mal schlechter, mal besser ab.

Ein niedriger Energieverbrauch läßt sich auch erreichen, wenn statt R 134a der Kohlenwasserstoff Pentan im dämmenden Polyurethanschaum (PUR) steckt. Pentan ist ein wenig treibhauswirksames Gas. Die 134a-Anhänger jedoch bezweifeln, daß die Pentan-

1Geräte nach vier bis fünf Jahren immer noch so gut beim Stromverbrauch dastehen. Das Pentan könne mit der Zeit ausdampfen — doch diese Behauptung ist weder bewiesen noch widerlegt.

Wenn Sie dringend einen Kühlschrank kaufen müssen, wählen Sie eine FCKW-freies Modell. Lassen Sie sich Zeit, wenn die Anschaffung nicht dringend ist. Denn die Hersteller basteln bereits an neuen Modellen, zum Beispiel einer Variante mit Gefrierfach. Denn mit dem Propan-Butan-Mix als Kühlmittel sind Temperaturen unter dem Gefrierpunkt derzeit nicht möglich. Die dkk/Foron-Manager sind aber sicher, daß es die Variante mit Eisfach noch in diesem Jahr geben wird. Annette Sabersky

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