Soundcheck: Juliette Greco / Peter Gabriel / Maceo Parker & Roots Revisited / Pop-A-Tac

SOUNDCHECK

Heute abend: Juliette Greco. Kürzlich war sie im Fernsehen. In einem alten Film, der während der deutschen Besatzungszeit spielte, sang sie in einem verrauchten Kellergewölbe für verschwörerisch dreinblickende Franzosen Chansons. Die hier gefangenen Atmosphäre beschrieb trefflich das Bild, das die Welt sich von Juliette Greco eingebrannt hat. Die Muse der Rebellen, die verführerische Nachtmahre, die Verknotung von Philosophie und Lebensart im Lied. Auch mit 65 Jahren ist die Sängerin mit dem fetten Lidstrich noch eine Fesselung und das nicht nur als Chronistin einer existenstialistischen Vergangenheit. Würde und Widersprüchlichkeit vereinigen sich in ihren Auftritten und können den Sumpf der Nostalgie trocken legen. tlb

Musikhalle, 20 Uhr

Heute abend: Peter Gabriel. „Real is anything you see.“ Multimedia- Autodidakt Gabriel beginnt nach mehrjähriger Bühnenabstinenz seine Welttour in Hamburg. Und das großzügige Hamburger Publikum scheint genau richtig zu sein: Ausverkauft! Vom Spiegel als Kunst-Rocker und Geschäftsmann einmal mehr falsch etikettiert, macht er diese Welttour primär um das Weltmusik-Projekt WOMAD zu finanzieren. Geschäftsmann? Die Ex-Kollegen von Genesis veranstalteten ein Benefiz Konzert, um Gabriels Pleite abzuwenden. So darf das Publikum laut obigem Blatt

1„modischen High-Tech- Fetischismus“ und „Genesis-Gigantismus“ erwarten? Hoffentlich mit dem ensprechenden „Steam“, um dem verspiegelten Schubladen Fetischismus ins Gebälk zu fahren. wom

Sporthalle, 20 Uhr

Gehört: Maceo Parker & Roots Revisited. Nach dem zweistündigen furiosen Auftritt der siebenköpfigen Combo um Maceo Parker, als in der ausverkauften Fabrik alle längst Hände und Hüften schwingen ließen, war klar, daß der ehemalige Weggefährte von James Brown jeden Grund hat, sich in der Hansestadt wohl zu fühlen. Die Mischung aus Soul-, Funk- und Jazzelementen, die Maceo Parker präsentierte, ist zwar im Vergleich zu den Rhythmen, mit denen James Brown schon vor zwanzig Jahren das Publikum animierte, nicht ori-

1ginell. Dennoch ist es genau dieser Groove, der heute die Massen bewegt. Das einzige, was sich geändert hat, ist die Message. Während der Soul-Opa sich mit der Aura des Sex umhüllt, treibt Parker das Publikum zu mehr postmodernen Aussagen: „I need some Money“ hallte es minutenlang durch den Saal. Nikos Theodorakopulos

Gehört: Pop-A-Tac. Erst einmal galt es einen roten Teppich mit dem Emblem des Events zu überschreiten, ehe man in die multimedial ausstaffierte Markthalle kam. In der Mitte des Raumes eine Bühne, auf der die Tanzgruppe COAX die Umbaupausen überbrückte. Mehrere Videoleinwände ermöglichten es dem Betrachter, das Geschehen in mehreren, teilweise durch technische Tricks verzerrten Perspektiven zu sehen. Peter Rubin aus Am-

1sterdam gelang es vorzüglich die Live eingefangenen Bilder durch Videomontagen und Überblendungen in ein teilweise gänzlich Neues zu verfremden. Kurze Absprachen mit den Bands, den Romeos, Sally Davis Junior und Swimming The Nile und auch die Motive ihrer Lieder waren medial umgesetzt. Zwar störte eine etwas unglückliche Dramaturgie mit vielen Pausen, aber der Gesamtzweck war nobel genug, um das zu verzeihen: drei Mark pro Karte flossen in die Kassen der AIDS-Hilfe. Der Platz zum überzeugen fehlte indes den Bands bei ihren fragmenthaften Auftritten. kader