Funkstille Bremen-Rostock

■ Nach Angriffen gegen Schülerinnen ist die Schulpartnerschaft „so gut wie tot“

Die Partnerschaft zwischen einer Bremer und einer Rostocker Berufsschule, die seit der Wende in der DDR bestand, ist ein Opfer der deutsch-deutschen Konflikte geworden. Nach einem Angriff auf Schülerinnen der Bremer Klase bei einem Besuch in Rostock im November vergangenen Jahres (die taz berichtete) und den folgenden Briefwechseln zwischen Bremen und Rostock ist die Partnerschaft „so gut wie tot“, sagt Helmut Zachau, Lehrer an der Berufsfachschule für Gesundheit und Sozialwesen im Schulzentrum Walle. Er hatte die Bremer Schülerinnen im November nach Rostock begleitet.

Nach den Pogromen des ver

Rostocker TristesseFoto: hbk

gangenen Sommers gegen AsylbewerberInnen in Rostock hatten die 12 Bremer Schülerinnen beschlossen, sich von den Verhältnissen in der Partnerstadt ein eigenes Bild zu machen und ihre Partnerklasse an der Beruflichen Schule für Medizinalberufe und Sozialpädagogik in Rostock zu besuchen. In einer Disco in Rostock- Lichtenhagen, dem Stadtteil, wo die sozialen Spannungen im vergangenen Sommer explodierten, waren einige der Bremer Frauen von Rostockerinnen angegriffen und zum Teil unter dem Beifall der

Plattenbau

Zuschauer verprügelt worden. Geschockt hatten die Bremerinnen deshalb am nächsten Tag die Klassenreise abgebrochen und waren nach Hause zurückgekehrt. Noch unter dem Eindruck der Ereignisse schrieben sie einen Brief nach Rostock. Darauf antwortete der Rostocker Oberbürgermeister Klaus Kilimann, der sich für den Vorfall entschuldigte. Gleichzeitig äußerte er aber Unverständnis für die überstürzte Abreise und mahnte eine Diskussion an, „zumal in diesem äußerst sensiblen Stadtteil Lichtenhagen ein Diskobesuch ohne Betreuer und Gastgeber nicht ratsam war.“

„Unsere Schülerinnen waren ziemlich sauer“, sagt Helmut Zachau, und auch er erregt sich über den heimlichen Vorwurf, er habe als Lehrer seine Aufsichtspflicht verletzt. Sauer waren auch die RostockerInnen auf die Berichterstattung in der Bremer Presse.Deshalb schickten sie ihrer Partnerklasse eine, wie Zachau sie nennt, „formalisierte Gegendarstellung“, in der „der Vorwurf des sehr formalen Umgangs mit der Situation zurückgewiesen“ wird. Die Rostocker Schülerinnen wiesen es in dem Schreiben zurück, auf eine Stufe mit den „prügelnden DiskobesucherInnen und den haßerfüllten Rostockern gegen alles, was nicht zum unmittelbaren Umfeld gehört“ gestellt zu werden. Trotzdem wurde „einmütig weiterhin die Bereitschaft zu Kontakten geboten.“

Die Bremerinnen wollten jedoch nicht mehr nach Rostock fahren. Sie luden ihre Rostocker Partnerklasse an die Weser ein. „Aus zeitlichen Gründen, aber auch aus dem Gespür für die Spannungen“ lehnten die Rostocker BerufsschülerInnen ab. Nun herrscht Funkstille zwischen Bremen und Rostock. bpo