Sanssouci
: Vorschlag

■ „Apo 1968“ – Filmreihe im Haus der Demokratie

In bekannt verdienstvoller Manier hat das rührige Haus der Demokratie ein paar alte Filme ausgegraben, die zum Teil während, zum Teil nach der 68er Revolte entstanden sind. Gravitationszentrum der Ereignisse wie der Dokumentarfilme ist dabei der 2. Juni 1967, der Besuch des Schah-in-Schah Reza Pahlevi von Persien und seiner Frau Soraya im Jackie-Kennedy-Look. Ein wirklich beeindruckendes Beispiel gelungener Fernsehreportage ist „Der Polizeistaatsbesuch“ (1967) von Roman Brodtmann, dem man anmerkt, daß der Regisseur zu Beginn seiner Arbeit noch gar nicht wußte, was für ein Politikum der Besuch werden sollte. Gemächlich, aber mit ganz leiser Süffisanz zeichnet er auf, wie man in Rothenburg an der Tauber Schulmädchen im Knicksen trainiert, der Stadtschauspieler eine Ansprache übt und die Gastwirtin ihre Kellnerinnen abrichtet. Eine ungeheure Aufregung ohne jeden republikanischen Abstand zur Majestät steht in den Gesichtern. Nicht ein Hauch von Zweifel befällt die emsig Vorbereitenden ob der Gerüchte von Folterungen im Iran und ob der Prunk-und Protz-Hofhaltung des Potentaten. Im Berliner Kempinski erklärt ein aufgeregter Koch mit roten Bäckchen, wie er den Hammel besorgt hat, den sie dem Schah servieren wollen („ist ein Leittier“).

Parallel dazu die Kommandozentrale der Berliner Polizei, die den großen Aufmarsch zum Schutze des sensibelsten Areals rund um das Schöneberger Rathaus plant, während sich gleichzeitig der Demonstrantenzug formiert. Noch stehen Passanten und diskutieren mit den empörten Studenten, noch glaubt man, die konnten damals eher noch miteinander reden als heute Bürger mit den Autonomen. Dann aber tauchen plötzlich, kurz nach der Ankunft des Schah, „Jubelperser“ auf, die mit hölzernen Schlagstöcken rasend auf die Studenten einschlagen. Ein alter Mann, der zu vermitteln versucht hatte, geht zu Boden, man sieht blutende Köpfe, berittene Polizisten, ratlose Bestürzung, zerbrechende Plakate – ein Bürgerkriegsszenario. Die Polizei schützt, wen wundert's, in erster Linie die „Jubelperser“.

Solche und ähnliche Aufnahmen kehren immer wieder. Dazwischen Reden und Strategiediskussionen im Audimax; je nach politischer Ausrichtung Kommentare von Walter Mossmann, Bernd Rabehl, Rudi Dutschke, Christian Semler oder, wie in „Projekt Arthur“, Leute, die in den bewaffneten Widerstand gingen. „The Pigs“ zeigt Westberliner Polizeieinsätze von 70/71, will aber auch auf den Niedergang der Bewegung hinweisen („die Haare werden wieder kürzer“). Retrospektiv ist auch „Wiedersehen mit der Revolution“ von Dany Cohn-Bendit, der den Lebensläufen der Beteiligten nachgeht.

Man sieht in dieser Filmreihe wenig Innenleben. Es gibt keine Auskunft darüber, wie die Protagonisten der Bewegung miteinander lebten, wie sie wohnten, was ihre Biographie mit der der Apo verband. Es gibt auch keine Interviews, nur Statements; ein einziges Mal berichtet eine Studentin, mit abgewandtem Gesicht und belegter Stimme, wie sie, nachdem sie Benno Ohnesorg blutüberströmt am Boden hatte liegen sehen, in ihr Studentenwohnheim gefahren war und einige Stunden völlig paralysiert am Schreibtisch gesessen hatte. Daß man ansonsten nur Straßenaktion sieht, hat natürlich damit zu tun, daß „Privates“ anrüchig war damals (natürlich auch damit, daß es eine größere politische und politisierte Öffentlichkeit gab). Wie anders die Dokumentarfilme mit der Hausbesetzerbewegung umgegangen sind! mn

Die taz verlost fünf Freikarten, für all diejenigen, die wissen, welcher bekannte taz-Redakteur in „Projekt Arthur“ zu sehen ist (Tip: Er findet sich auf dieser Seite). Auch wüste Vermutungen werden entgegengenommen. Tel. 25 902-234 zwischen 10–14 Uhr. „Apo 1968“ vom 16.–18. April im Haus der Demokratie, Friedrichstraße 165. Anfangszeiten siehe Programmteil.