Nicht zum Lachen

Deutschland gewinnt gegen Ghana 6:1 und Berti Vogts hat es tatsächlich vorher gewußt  ■ Aus Bochum Katrin Weber-Klüver

Man muß der deutschen Fußballnationalmannschaft nicht einmal besonders böswillig, sondern lediglich mit bescheiden dosierter Zuneigung gegenüberstehen, um zu bedauern, daß ein Fußballspiel so lange dauert, wie es eben dauert. Jenes Länderspiel zwischen der deutschen Auswahl (Weltmeister) und der Ghanas (Vize-Afrikameister), das am Mittwoch abend vor 37.000 Zuschauern im Bochumer Ruhrstadion aufgeführt wurde, überschritt seine Idealzeit um ziemlich exakt 20 Minuten. Berti Vogts (Bundestrainer) wußte das hinterher, hatte es aber auch vorher schon in satter Zufriedenheit gewußt und schämte sich also gar nicht zu frohlocken, daß der deutsche 6:1-Kantersieg „nur eine Frage der Zeit“ gewesen war.

Wie traurig! Zwischen der 69. und der 88. Minute dieser seltsamen Partie hatten weder Reservestürmer Kirsten noch Plaudertasche Effenberg (2) noch Zuckerschnute Klinsmann (2) oder Herzchen Möller sich gegen eine wie auch immer geartete Gegenwehr irgendwelcher ghanaischer Spieler durchzusetzen, um ihre sechs Treffer zu erzielen. Und das erste Spiel zwischen einer deutschen und einer schwarzafrikanischen Nationalmannschaft zu gewinnen.

Die dazugehörige Auflösung des ghanaischen Defensivspiels war beeindruckend. Hatte es in der ersten Halbzeit in den entsprechenden Mannschaftsteilen noch grausig schlechte Darbietungen wie sporadische Überhärte und ständige Stellungsfehler gegeben, so steigerten sich die Defizite ab Mitte der zweiten Hälfte zum blanken Nichts. Zu blöd eben, daß die doofen Afrikaner ihre Aversion gegen defensive Spielelemente nicht ablegen, weil die so destruktiv sind und Fußball doch ausschließlich den drei antiquierten afrikanischen Fußball-Ks (kinderleicht, kreativ und konstruktiv) verschrieben sein sollte. Leider nützt in Momenten teutonischen „Rausches“ (Klinsmann, deutscher Stürmer) die reine Idee der Offensive gar nichts.

Jedenfalls mußte später Olaf Thon (deutscher Libero) die Ghanaer sehr schwer tadeln, weil sie so „unordentlich gespielt“ hatten, während die Thon-Gesellen prima „immer weiter, immer weiter“ Tore erzielen konnten.

Dabei war das am Ende so spannungslos einspurige Spiel bis zur 69. Minute zwar auch nicht gut, aber vergnüglich gewesen – zumindest für all jene, die die Gäste gerne siegen gesehen hätten, und das waren auch unter den Nicht- Afrikanern im Stadion gar nicht wenige. Völlig unverdient führten nach gut einer Spielstunde die Ghanaer durch ein Abstaubertor von Prince Polley (Stürmerstar von Twente) aus der 45. Minute. Und man konnte sich – mangelnde Nationalgefühle vorausgesetzt – diebisch freuen, daß die in der ersten Halbzeit in den drei modernen europäischen Fußball-Ks (Kampf, Kondition und Kombinationsspiel) überlegene deutsche Mannschaft sich bis dato im Abschluß noch doofer anstellte als die Ghanaer in der Abwehr.

Kommentare zu dieser Spielperiode von Thon sind nicht überliefert. Dafür einer von Baffoe (ghanaischer Libero): „Es war für uns leicht. Das Publikum war gegen die deutsche Mannschaft.“ So sehr sogar, daß sich die Fanblöcke anschickten, aus „Berti raus“-Rufen einen Lautstärke-Wettbewerb zu machen, fröhliche Einsprengsel wie „Wir woll'n den Kaiser“ und „Ghana“-Anfeuerungen inklusive. In Doofheit dem gemeinen Spieler ebenbürtig, feierte der gemeine deutsche Fan kurz darauf im Rausch des Dreifachschlags zum 3:1 die Schwarz-weißen doch wieder ab: „Ohwieistdasschön“.

Anerkennenswert immerhin, daß noch eine erkleckliche Zahl von Zuschauern nicht zum Vergessen und Vergeben des armseligen deutschen Gestolperes bereit war und weiterhin den Trainer gefeuert wissen wollte. Nur der selbst vergaß und vergab sich gewohnt schnell und saß wie sein bester Telefon-Kumpel Helmut Kohl (Kanzler) alle Häme und Kritik stur aus. Als Vogts dann subsumierte, er habe „nach langer Zeit wieder eine gut spielende deutsche Mannschaft gesehen“, da war das so blöd, daß nicht mal mehr jemand lachte.

Ghana: Ansah - Baffoe - Armah Frimpong (66. Aboree) - Acheampong, Asare, Akonnor (52. Adjei), Pele, Ibrahim - Yeboah, Polley (81. Predo)

Zuschauer: 37.000 Tore: 0:1 Polley (45.), 1:1 Kirsten (69.), 2:1 Effenberg (70.), 3:1 Klinsmann (71.), 4:1 Effenberg (81.), 5:1 Klinsmann (86.), 6:1 Möller (88.)

Deutschland: Köpke - Thon - Buchwald, Kohler - Effenberg, Zorc, Matthäus (84. Häßler), Bein (78. Möller), Helmer - Riedle (46. Kirsten), Klinsmann